"Wahlkampf gegen Sechsjährigen" Biden nimmt sich und Trump aufs Korn
28.04.2024, 08:36 Uhr Artikel anhören
Einmal im Jahr gibt es für die Hauptstadtpresse in Washington eine Comedy-Einlage des US-Präsidenten. Im Wahljahr scherzt Joe Biden über sein eigenes Alter, aber auch das von Donald Trump. Doch er hat nicht nur Witze im Gepäck.
US-Präsident Joe Biden hat beim traditionellen Galadinner des Washingtoner Pressekorps Witze über Ex-Präsident Donald Trump gerissen und die Medien ermahnt, ihre Rolle in der Demokratie wahrzunehmen. "Ich bitte Sie sicherlich nicht darum, eine Seite zu wählen", sagte er am Samstagabend (Ortszeit) vor dem Publikum des Correspondents' Dinner in Washington. "Ich bitte Sie darum, sich der Ernsthaftigkeit des Augenblicks bewusst zu werden." Alle müssten dazu beitragen, "dass die amerikanische Demokratie Bestand hat".
Zuvor hatte der 81-jährige Biden seine Rede mit Blick auf sein fortgeschrittenes Alter selbstironisch begonnen, sie aber auch für etliche Seitenhiebe gegen seinen voraussichtlichen Kontrahenten im Präsidentschaftswahlkampf genutzt. "Ich bin ein erwachsener Mann und trete gegen einen Sechsjährigen an", scherzte der gut aufgelegte Biden über die kognitiven Fähigkeiten Trumps.
Über sich selbst witzelte Biden: "Ich habe Wahlkampfauftritte in Pennsylvania, Georgia und North Carolina. In den ersten 13 US-Kolonien fahre ich schon seit deren Gründung hervorragende Wahlergebnisse ein." Die ersten US-Kolonien wurden vor mehr als 400 Jahren gegründet.
"Sleepy Joe" ist noch wach
Die Journalisten-Vereinigung der im Weißen Haus akkreditierten Korrespondenten veranstaltet den Festabend seit mehr als 100 Jahren. Der Präsident ist gewöhnlich Stargast - einzig Trump nahm während seiner Amtszeit nie teil. Anwesend sind neben Journalistinnen und Journalisten sowie hochrangigen Regierungsmitgliedern auch immer einige Hollywood-Größen. Dieses Jahr saß unter anderem die Schauspielerin Scarlett Johansson im Publikum. Sie ist mit dem Comedian Colin Jost verheiratet, der den traditionellen Unterhaltungsteil des Abends übernahm. Dabei teilte er gen Trump, aber auch in andere Richtungen aus.
"Ich möchte darauf hinweisen, dass Sleepy Joe nach 22 Uhr noch wach ist", scherzte der Komiker über Biden, der den Spitznamen 2020 im vorherigen Präsidentschaftswahlkampf von Trump erhalten hatte. An die Presse gerichtet sagte Jost: "Wie viele hier tue ich auch so, als ob ich Nachrichten mache." Jost moderiert in der US-Comedyshow "Saturday Night Live" eine Satire-Nachrichtensendung.
Propalästinensische Demonstranten
Wie bei mittlerweile nahezu jedem Auftritt von Präsident Biden hatten sich am Samstag auch einige Hundert propalästinensische Demonstranten am Veranstaltungsort versammelt. Sie konfrontierten die eintreffenden Journalistinnen und Journalisten lautstark mit Kritik an deren Nahost-Berichterstattung. Mit Trommeln unterlegt riefen sie in Sprechchören: "Schande über Euch" und "Macht Euren Job".
Manche Protestierenden trugen blaue Helme und T-Shirts mit der Aufschrift "Presse", die an Schutzwesten von Kriegsreportern erinnerten. Eine Demonstrantin erklärte, so solle auf die Situation palästinensischer Journalistinnen und Journalisten hingewiesen werden. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen von Anfang März wurden seit Kriegsbeginn am 7. Oktober mehr als 100 Journalisten im Gazastreifen getötet. Eine Kritik der Vereinigung der Auslandspresse (FPA) lautet außerdem, dass Israel unabhängigen Berichterstattern nur sehr eingeschränkt Zugang zum Kriegsgebiet ermöglicht. Die zuständigen Behörden begründen dies mit Sicherheits- und logistischen Problemen.
Während sich propalästinensische Demos besonders an US-Universitäten zuletzt ausgeweitet und teils verschärft haben, handelte es sich am Samstag nach Einschätzung von Polizisten vor Ort um einen verhältnismäßig kleinen Protest. Nach Angaben eines anwesenden US-Reporters gab es im vergangenen Jahr vor den Türen des Veranstaltungsortes einen Klimaprotest in ähnlicher Größenordnung.
Quelle: ntv.de, chr/dpa