Streit um Verfassungsschutzchef Brandenburgs Innenministerin Lange tritt zurück
16.05.2025, 18:47 Uhr Artikel anhören
Wurde als Nachfolgerin von Regierungschef Woidke gehandelt - Innenministerin Katrin Lange tritt ab.
(Foto: picture alliance/dpa)
Weil sie ihrer Meinung nach zu spät über eine Entscheidung des Verfassungsschutzes informiert worden sei, schmeißt Brandenburgs Innenministerin Lange den Behördenchef raus. Doch Zweifel an ihrer Darstellung kann sie nicht ausräumen. Nun wirft sie das Handtuch. Für Ministerpräsident Woidke ist das in zweierlei Hinsicht ein Problem.
Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange ist nach heftiger Kritik im Zusammenhang mit der Entlassung des Verfassungsschutzchefs zurückgetreten. Sie habe Ministerpräsident Dietmar Woidke ihren Rücktritt erklärt, sagte die SPD-Politikerin in der Staatskanzlei in Potsdam. Sie wolle der "notwendigen Geschlossenheit" in der Koalition nicht im Weg stehen. Zwischen Lange und dem Verfassungsschutzchef hatte sich Streit über den Umgang mit der AfD und der Hochstufung der Landespartei in Brandenburg als gesichert rechtsextremistisch entzündet. Auch innerhalb der eigenen Partei war der Druck auf Lange deshalb zuletzt immer größer geworden.
Die 53-Jährige hatte Verfassungsschutzchef Jörg Müller vor rund eineinhalb Wochen entlassen, weil sie nach eigenen Aussagen von der Entscheidung zur Hochstufung der AfD erst Wochen später unterrichtet wurde. Es gab jedoch Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung - und nach mehreren Medienberichten Hinweise, dass sie vorher informiert worden war, aber die Hochstufung der Landes-AfD habe bremsen wollen.
Das wies Lange stets zurück, doch sie geriet in Erklärungsnot. Rücktrittsforderungen wurden laut. Der Leiter der Verfassungsschutz-Abteilung, Müller, wurde parteiübergreifend für seine Arbeit geschätzt. Er ließ keinen Zweifel dran, dass er die AfD für rechtsextrem hält.
Vorgeworfen wurde der Politikerin auch, sie wolle die Unabhängigkeit der Behörde beschneiden. Eine bisherige Dienstanweisung, wonach die Entscheidung zur AfD-Einstufung allein die Verfassungsschutz-Leitung trifft, will sie nicht gekannt haben, wie sie zuletzt sagte. Sie nahm diese Linie wegen des Streits mit Müller auch wieder zurück und wollte selbst das letzte Wort bei solch besonders wichtigen Bewertungen über "Beobachtungsobjekte" haben.
Das Amt der Innenministerin trat die 53-Jährige vor rund fünf Monaten nach der Landtagswahl 2024 an. Zuvor war sie Finanzministerin in Brandenburg. Lange wurden vor der Affäre große Chancen eingeräumt, Brandenburgs Regierungschef Woidke zu beerben. Sie galt als seine Vertraute und ist seine Stellvertreterin an der Spitze der Landes-SPD. Lange war bereits Staatssekretärin im Infrastrukturministerium und Innenministerin, bis sie 2019 als Ministerin das Finanzressort übernahm. Nach der Landtagswahl 2024 führte sie dann das wichtige Innenressort.
"Ich hätte mir gewünscht, dass es diese Entscheidung nicht geben muss", sagte Woidke zum Rücktritt. Lange erweise damit dem Land, der Landesregierung und der SPD "einen großen Dienst". Die 53-Jährige ist für eine klare Kante und manch kernige Aussagen bekannt. Im Landtag hatte sie vor einiger Zeit eine AfD-Forderung nach ihrer Entlassung zurückgewiesen mit den Worten: "Das können Sie sich von der Backe putzen. Ich bin aus der Prignitz. Ich lasse mich nicht provozieren." Lange ist in ihrer Heimat Pritzwalk verwurzelt.
In den Augen anderer Parteien galt sie teils als Hardlinerin etwa in der Migrationspolitik. Sie fordert eine konsequentere Rückführung von Menschen, die kein Bleiberecht haben. Auf Kritik stieß nach ihrer Amtsübernahme als Innenministerin im Dezember 2024 die Änderung, die Zuständigkeit für Integration nicht mehr wie bisher im Sozialministerium, sondern im Innenministerium anzusiedeln.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP