"Ich kandidiere nicht" Britischer Verteidigungsminister will Posten räumen
15.07.2023, 22:49 Uhr Artikel anhören
Die Welt werde unsicherer, sagt der britische Verteidiungsminister Ben Wallace.
(Foto: picture alliance / AA)
Als Verteidigungsminister erlebt Ben Wallce insgesamt drei konservative Premierminister. Nun will er sein Amt in absehbarer Zeit abgeben. Der 53-Jährige kündigt an, nicht mehr fürs Parlament zu kandidieren. Indes blickt er mit Sorge in die Zukunft: Putin sei mit Europa noch nicht fertig, sagt er.
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace will nach Angaben der Zeitung "Sunday Times" in absehbarer Zeit sein Amt niederlegen. Er habe beschlossen, das Kabinett bei der nächsten Kabinettsumbildung zu verlassen, berichtete die Zeitung am Abend. Die nächste Regierungsumbildung könnte demnach im September sein. Zudem werde er nicht mehr bei der nächsten Parlamentswahl antreten, die 2024 stattfinden soll.
"Ich kandidiere beim nächsten Mal nicht", zitierte die Zeitung ihn. Dem Bericht zufolge schloss Wallace aber aus, vorzeitig als Abgeordneter abzutreten und damit eine Nachwahl in seinem Wahlkreis auszulösen. Wallace ist seit 2019 britischer Verteidigungsminister und hat auf dem Posten bereits drei Premierminister aus seiner konservativen Partei erlebt.
"Ich bin 1999 im schottischen Parlament in die Politik gegangen. Das sind 24 Jahre. Ich habe mehr als sieben Jahre mit drei Telefonen neben meinem Bett verbracht", sagte Wallace der Zeitung. Auf die Frage, wofür die Telefone denn seien, antwortete der 53-Jährige dem Bericht zufolge: "Geheim, geheim und geheim." Wallace hatte Ambitionen auf den Posten des NATO-Generalsekretärs. Die Hoffnung, Nachfolger von Jens Stoltenberg zu werden, erfüllte sich allerdings nicht. "Es wird nicht passieren", hatte ihn der "Economist" im Juni zitiert.
"Putin ist mit uns noch nicht fertig"
Als Verteidigungsminister von Großbritannien koordiniert Wallace mit, wie die Ukraine im Verteidigungskampf gegen Russland unterstützt wird. Vergangene Woche hatte er die ukrainische Regierung zur Zurückhaltung bei ihrer Kritik an westlichen Waffenlieferungen ermahnt. Die Ukraine habe ihm bei einem Besuch in Kiew eine Wunschliste mit Waffen vorgelegt. "Ich habe den Ukrainern vergangenes Jahr, als ich elf Stunden gefahren bin, damit mir eine Liste gegeben wird, gesagt: Ich bin nicht Amazon", wurde Wallace in Medienberichten zitiert.
Wallace sagte in dem Interview zudem, seine größte Sorge sei die Gefahr eines militärischen Konflikts mit Russland, egal ob dieser versehentlich oder beabsichtigt ausbreche. "Wenn Putin in der Ukraine verliert, wird er eine tiefe Wunde davon tragen", so der Minister. Putin habe immer noch eine Luftwaffe und eine Marine und man könne sehen, dass die Marine sehr aggressive Manöver durchführe. "Putin ist mit uns noch nicht fertig. Er hat die Möglichkeit, in den nächsten drei oder vier Jahren zuzuschlagen". Wallace warnte, Großbritannien könnte in weitere Konflikte hineingezogen werden. Gegen Ende des Jahrzehnts werde die Welt viel unsicherer sein.
Wallace hatte den Posten des Verteidigungsministers vor vier Jahren übernommen, damals noch unter Premierminister Boris Johnson. Er behielt das Ministeramt anschließend sowohl in der Regierung seiner konservativen Parteikollegin Liz Truss als auch im aktuellen Kabinett von Rishi Sunak. Zwischenzeitlich war Wallace auch selbst als Kandidat für den Spitzenposten gehandelt worden, lehnte aber ab.
Spekulationen über seine Zukunft hatte es bereits zuvor gegeben. Dem Bericht der "Sunday Times" zufolge hatte Wallace seine Pläne Sunak bereits vor einem Monat, am 16. Juni, mitgeteilt. Nach Angaben der "Times" bereitet sich der konservative Premierminister Sunak darauf vor, sein Spitzenteam vor der nächsten Wahl neu aufzustellen. Seine Partei liegt derzeit in Umfragen deutlich hinter der Labour-Partei.
Quelle: ntv.de, ses/dpa/rts