"Freiheitsenergien" Bund strebt 100 Prozent Ökostrom bis 2035 an
28.02.2022, 12:56 Uhr
Die Leistung von Windenergie an Land soll sich den Plänen zufolge bis 2030 auf bis zu 110 Gigawatt verdoppeln.
(Foto: dpa)
Nicht zuletzt der von Moskau angezettelte Ukraine-Krieg zeigt: Deutschland sollte sich möglichst unabhängig von Gas- und Öllieferungen aus Russland machen. Die Bundesregierung ist sich dessen bewusst und setzt auf einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien.
Deutschland will sich bis 2035 ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgen. Damit richte man sich konsequent auf das im Pariser Weltklimavertrag vereinbarte Ziel aus, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränkten, heißt es in einem Eckpunktepapier der Bundesregierung, das Reuters vorliegt. Bis 2030 soll der Anteil von Wind- oder Solarstrom 80 Prozent erreichen. Die entsprechende Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) ist fertig. Bislang hieß es, dass der Energiesektor deutlich vor 2040 auf fossile Energien verzichten soll.
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck hatte den beschleunigten Ausbau auch als zentrales Element bezeichnet, um sich unabhängiger von russischen Lieferungen fossiler Energien zu machen. Finanzminister Christian Lindner hatte von "Freiheitsenergien" gesprochen.
Dem Eckpunktepapier zufolge soll sich bis 2030 die Leistung von Windenergie an Land auf bis zu 110 Gigawatt verdoppeln. Auf hoher See soll die Windenergie bis 2030 eine Leistung von 30 Gigawatt erreichen, rechnerisch die Kapazität von zehn Atomkraftwerken. Die Solarenergie soll sich auf 200 Gigawatt mehr als verdreifachen. Um den Ausbau auch schnell umsetzen zu können, soll gesetzlich verankert werden, dass er im "überragenden öffentlichen Interesse ist und der öffentlichen Sicherheit dient".
Die Solar-Fördersätze für Hausdächer werden demnach erhöht. Zudem sollen sie - anders als derzeit - für neue Anlagen auch bei starkem Ausbau nicht mehr stark fallen. Bisher sanken die garantierten Abnahmepreise für Betreiber neuer Anlagen schneller, wenn über den geplanten Zahlen zugebaut wurde. Zudem sollen angesichts der hohen Strompreise Extra-Gewinne der Betreiber großer neuer Solaranlagen über sogenannte Differenzverträge abgeschöpft werden. Dies hatte Staatssekretär Patrick Graichen bereits angekündigt. Angesichts zuletzt sehr hoher Strompreise verlieren die garantierten Abnahmepreise für Investoren an Bedeutung, da sie ihren Strom direkt zu noch höheren Tarifen abgeben können.
"Ein Kriegstreiber ist kein verlässlicher Partner"
Für die Verbraucher hat die Regierung zudem ein Gesetz auf den Weg gebracht, damit der Wegfall der EEG-Umlage auf den Strompreis, mit der die Erneuerbaren-Förderung bezahlt wurde, auch beim Kunden ankommt. Ab Juli wird die Umlage direkt aus dem Bundeshaushalt finanziert. Ein Durchschnittshaushalt wird so um etwa 150 Euro im Jahr entlastet, wenn die Versorger dies vollständig weitergeben.
Vor einem Sondertreffen der EU-Energie-Minister betonte Habeck: "Energiepolitik ist Sicherheitspolitik." Die Abhängigkeit von russischen Importen müsse überwunden werden. "Ein Kriegstreiber ist kein verlässlicher Partner." Zudem müsse die Energiewende europäisch vorangetrieben werden. "Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist eine Frage der nationalen und europäischen Sicherheit."
Wegen des Ukraine-Krieges bereitet sich die Bundesregierung auch auf einen völligen Stopp russischer Lieferungen von Gas oder Öl vor. Sie schließt daher auch einen Weiterbetrieb der AKW über das geplante Ende in diesem Jahr hinaus nicht völlig aus, wenn er auch als unwahrscheinlich gilt. Auch das angepeilte Datum des Kohleausstiegs 2030 wird angesichts der Entwicklung infrage gestellt.
Quelle: ntv.de, fzö/rts