Vermittlungsausschuss angerufenBundesrat stoppt Sparpaket für stabile Krankenkassenbeiträge

Kanzler Merz stellt in Aussicht, dass die Krankenkassenbeiträge Anfang 2026 stabil bleiben können. Der Bundestag beschließt dafür ein Sparpaket - doch der Bundesrat blockiert und schickt das Vorhaben in den Vermittlungsausschuss.
Für Millionen Versicherte gibt es vorerst keine Klarheit, ob die Krankenkassenbeiträge im neuen Jahr stabil bleiben können oder noch weiter steigen. Der Bundesrat schickte ein vom Bundestag beschlossenes Sparpaket in den Vermittlungsausschuss und hält die Umsetzung damit zunächst auf. Die Länder lehnen darin vorgesehene Ausgabenbremsen für die Kliniken ab, mit denen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken den Druck für erneute Anhebungen der Zusatzbeiträge zum 1. Januar 2026 auflösen will.
Der Widerstand der Länder richtet sich gegen Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro bei den Krankenhäusern, die den Großteil des Sparpakets von insgesamt zwei Milliarden Euro ausmachen sollen. Dazu soll der Anstieg der Klinik-Vergütungen 2026 auf die tatsächlichen Kostensteigerungen begrenzt werden.
Warken: Schlechtes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland
Warken sagte, die Anrufung des Vermittlungsausschusses sei ein schlechtes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Entscheidung werfe einen Schatten auf das gemeinsame Ziel, die gesetzliche Krankenversicherung und die Pflegeversicherung insgesamt auf ein stabiles Fundament zu setzen, um Beitragserhöhungen zu vermeiden. Die Herausforderungen im nächsten Jahr könnten nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung gelingen. "Immer höhere Beiträge oder Steuerzuschüsse können dafür keine Lösung sein."
In der Länderkammer wurde parteiübergreifende Ablehnung deutlich. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha von den Grünen monierte, dass Einsparungen einseitig zulasten der Krankenhäuser gingen. Hessens Ministerin Diana Stolz von der CDU warnte, die Absenkung für 2026 werde zur neuen Basis für die Folgejahre. Dies führe zu einer dauerhaften finanziellen Schwächung. Der niedersächsische Ressortchef Andreas Philippi von der SPD kritisierte, den Kliniken werde ein kürzlich beschlossener Inflationsausgleich teils wieder genommen.
Die Techniker Krankenkasse reagierte entsetzt auf die Entscheidung der Bundesländer. Diese sei "ein fatales Signal für Millionen Beitragszahler und die deutsche Wirtschaft", sagte TK-Chef Jens Baas der "Rheinischen Post". "Die Kassen stecken gerade mitten in ihren Haushaltsplanungen. Dass nun sogar das Mini-Sparpaket auf der Kippe steht, erhöht den Druck auf die Beiträge noch mehr." Baas betonte weiter: "Es ist unverständlich, warum die Bundesländer die Kassen und damit die Beitragszahler in diese Lage bringen. Den Kliniken wird mit der angestrebten Aussetzung der sogenannten Meistbegünstigungsklausel kein Geld weggenommen. Der Anstieg der Zahlungen an die Kliniken wird vielmehr auf den tatsächlichen Kostenanstieg begrenzt."
"Offenes Misstrauensvotum" gegen Warken
Die Abstimmung darüber, ob der Vermittlungsausschuss angerufen oder das Gesetz gebilligt werden soll, wurde nach der Aussprache auf das Ende der Sitzung verschoben. Grund war, dass die Bundesregierung mit Blick auf die Einwände der Länder noch eine Erklärung erarbeiten wollte, die während der laufenden Sitzung in der Länderkammer zu Protokoll gegeben werden sollte.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Georg Kippels von der CDU, appellierte an die Länder, auf den Vermittlungsausschuss zu verzichten. Die Krankenkassen bräuchten ein klares Signal, sich beim Festsetzen der Zusatzbeiträge auf die geplanten Maßnahmen verlassen zu können. Auch Warken hatte vorab gewarnt, sollten die Regelungen infrage gestellt werden, würden die Kassen die entlastende Wirkung in den bis Mitte Dezember abzuschließenden Haushaltsplanungen nicht mehr berücksichtigen.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sprach von einem "offenen Misstrauensvotum" gegen die Ministerin, deren Beitragssicherungsversprechen endgültig kollabiert sei. Der Vermittlungsausschuss bedeute jetzt zusätzliche Unsicherheit: "Haushalte müssen doppelt geplant, Verträge angehalten und Neuverhandlungen vorbereitet werden – weil die Ministerin ein Paket vorgelegt hat, das schon vor der Umsetzung implodiert", sagte Dahmen.
Kassen legen Beiträge in den nächsten Wochen fest
Kanzler Friedrich Merz hatte bereits in Aussicht gestellt, dass die Beiträge zur Krankenversicherung zum 1. Januar 2026 nicht steigen. Krankenkassen und Opposition warnten aber schon vor der Entscheidung im Bundesrat vor absehbaren Anhebungen der Zusatzbeiträge 2026, da viele Kassen Reserven auf vorgeschriebene Mindestwerte auffüllen müssen.
Direkt stabile Beiträge festlegen kann die Politik nicht. Über die Zusatzbeiträge für 2026 für ihre Versicherten entscheiden die Kassen je nach ihrer Finanzlage in den nächsten Wochen selbst. Im Schnitt liegt das Niveau derzeit bei 2,9 Prozent. Der gesamte Beitrag, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, umfasst daneben den allgemeinen Satz von einheitlich 14,6 Prozent. Bei Anhebungen des Zusatzbeitrags haben Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht. Erst Anfang 2025 hatte es eine Welle kräftiger Erhöhungen gegeben.