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Militärkomplex und Verbündete Bundeswehr-General: Russische Fähigkeiten unterschätzt

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Russland wirbt weiterhin massiv um neue Rekruten.

Russland wirbt weiterhin massiv um neue Rekruten.

(Foto: IMAGO/Russian Look)

Aus einem für wenige Tage angekündigten Einmarsch ist ein fast zwei Jahre andauernder Krieg in der Ukraine geworden. Vor allem die russische Armee gibt im Verlauf der ersten Wochen kein gutes Bild ab. Mittlerweile sehen Experten den russischen Militärapparat mit anderen Augen.

Nach Einschätzung des Bundeswehr-Generalmajors Christian Freuding sind beim Blick auf den Ukraine-Krieg manche russische Fähigkeiten anfangs nicht erkannt worden. Man habe "die Durchhaltefähigkeit der Russen am Anfang nicht so gesehen, wie wir sie heute beurteilen", sagte der Leiter des Ukraine-Lagezentrums im Verteidigungsministerium der "Süddeutschen Zeitung".

"Wir haben auch nicht gesehen, dass ihnen gelingen wird, was wir jetzt klar beobachten: Dass sie ihren militärisch-industriellen Komplex hochfahren, ausbauen, Produktionskapazitäten trotz des drakonischen Sanktionsregimes steigern." Man habe vielleicht nicht gesehen oder nicht sehen wollen, dass sie in der Lage seien, von Verbündeten weiterhin versorgt zu werden. "Sei es Nordkorea, sei es China, auch Staaten aus dem globalen Süden. Und wenn diese Staaten nur Kühlschrank-Beleuchtungen liefern, die dann zu militärischen Zwecken verwendet werden können." Ebenso sei die Erwartung, dass die Ukrainer bei ihrer Gegenoffensive schnell möglichst große militärische Erfolge erzielen, "in der Rückschau sicherlich überhöht" gewesen.

Ukraine? Erfolgreich

Zugleich betont Freuding, aus seinem militärischen Blickwinkel betrachtet hätten die ukrainischen Streitkräfte Erfolg. "80 Prozent der Ukraine sind immer noch frei, und das nach zwei Jahren gegen eine angebliche militärische Großmacht. 50 Prozent der Gebiete, die sie verloren hatten, haben sie wiedergewonnen. Die Schwarzmeerflotte der Russen ist de facto aus dem westlichen Schwarzmeer verdrängt." Der Ukraine gelinge es zunehmend, "Schläge auch mit selbst gebauten Waffensystemen in der Tiefe hinter den russischen Linien zu führen".

Nach Ansicht des Generalmajors sind zudem die russischen Verluste an Mensch und Material enorm. "Wir gehen davon aus, dass sie im hohen vierstelligen Bereich Verluste an Kampfpanzern und Schützenpanzern zu verzeichnen haben."

Drohnen neue "Jedermann"-Aufgabe

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Mit Blick auf die Bundeswehr sagte Freuding, der auch den Planungsstab im Verteidigungsministerium leitet, eine wichtige Lehre aus dem Krieg in der Ukraine sei die völlig neue Bedeutung von Drohnen-Kriegsführung. "Wir haben jetzt eine Taskforce Drohne eingerichtet. Sie soll uns rasch ermöglichen, unterschiedliche Drohnen-Typen und auch Systeme zur Drohnen-Abwehr in die Truppe einzuführen, damit wir auch mit Ausbildung, mit Experimentieren beginnen können." Das werde nicht nur für mechanisierte Verbände des Heeres relevant sein. "Einsatz und Abwehr von Drohnen wird in Streitkräften eine 'Jedermann'-Aufgabe werden", kündigte er an.

Russland hat vor mehr als 22 Monaten seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet und war von einem schnellen Einmarsch ins Nachbarland überzeugt. Nach massiven Verlusten und Sanktionen musste der Kreml umplanen, startete Mobilisierungswellen und passte die Rüstungsindustrie aufgrund ausbleibender Güter an.

Quelle: ntv.de, mba/dpa

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