Politik

Wehr-Experten empörtChrupallas Lanz-Auftritt schockiert Parteifreunde

13.11.2025, 03:43 Uhr
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Nicht alle in der AfD teilen Chrupallas Gefahrenanalyse. (Foto: picture alliance / Andreas Gora)

Putin habe ihm "nichts getan" und auch Polen könne für Deutschland gefährlich werden - bei Markus Lanz offenbart AfD-Chef Chrupalla ein bemerkenswert entspanntes Verhältnis zu Russland. Damit bringt er auch Parteifreunde gegen sich auf.

AfD-Chef Tino Chrupalla hat sich in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" beschwichtigend über Russland geäußert. Das und seine Aussagen über den Nato-Partner Polen stoßen auch in der eigenen Partei auf Kritik. Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen sagte der "Bild"-Zeitung: Wir sehen jede Woche russische Waffensysteme in Gebieten, wo sie nichts verloren haben. Wir sehen einen Staat, der keine Bereitschaft zeigt, in Richtung Frieden zu gehen. Gefahrenabwehr, zumindest aber Prävention, ist die Pflicht jedes deutschen Politikers und jedes deutschen Patrioten."

Chrupalla hatte bei Lanz gesagt, er sehe aktuell durch Russland keine Gefahr für Deutschland. Auf die Frage, ob er keinen hybriden Krieg sehe, entgegnete er, jedes Land könne eine Gefahr für Deutschland werden. Lanz fragte nach, ob er damit beispielsweise auch Luxemburg, Polen oder Finnland meine. "Natürlich kann auch Polen für uns eine Gefahr sein", sagte Chrupalla, weil dieses einen Verdächtigen der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines nicht ausliefere. Zur Person von Präsident Wladimir Putin sagte er: "Mir hat er nichts getan."

Lucassen: Polen als Gefahr? "Abstrus"

"Über Polen als Gefahr zu reden, hat nichts mit Politik zu tun", sagte der frühere Bundeswehr-Oberst Lucassen. "Polen ist Nato-Partner, unsere Streitkräfte sind in einem gemeinsamen Korps integriert. Eine solche Theorie ist abstrus." Mit Blick auf das Ziel der AfD, in Regierungsverantwortung zu kommen, fügte er hinzu: "Dafür müssen wir außenpolitisch auf eine höhere Ebene kommen. Wir müssen staatspolitische Verantwortung zeigen."

Mit ähnlichen Worten zitiert "Bild" den AfD-Verteidigungspolitiker Hannes Gnauck, ebenfalls früherer Bundeswehrsoldat: "Wir streben 2029 Regierungsverantwortung an und müssen die sicherheitspolitischen Realitäten anerkennen: Es gibt feindselige russische Aktivitäten in Europa, darunter Desinformation, Spionage, Sabotageversuche und hochgradig provokatives Verhalten im Ostseeraum. Dabei wurde auch die Sicherheit deutscher Soldaten gefährdet." Eine realistische Außen- und Sicherheitspolitik brauche nüchterne Lagebeurteilung, nicht Wunschdenken.

Auch Weidel eckt bei Einigen an

Der AfD-Chef bekommt aber auch Zuspruch aus der eigenen Partei. Der Bundestagsabgeordnete Matthias Moosdorf aus Chrupallas sächsischem AfD-Landesverband richtet Kritik stattdessen gegen Alice Weidel. Die vertritt öffentlich seit einiger Zeit eine andere Moskau-Linie als ihr Co-Parteichef Chrupalla. Zu einer geplanten Russland-Reise von AfD-Politikern diese Woche äußerte sie sich kritisch: "Ich kann nicht verstehen, was man da eigentlich soll." Moosdorf schrieb dazu bei X: "Schade! Ich weiß es." Politik sei keine Phrase, man könne sehr konkret viel erreichen. "Und ja, notfalls müsste man sogar mit seinen Feinden reden - um weitere Eskalationen zu vermeiden. Das ist die Lehre aus unserer Geschichte."

In Reaktion auf die Berichterstattung über Chrupallas Auftritt bei Lanz schrieb Moosdorf, der selbst im Zusammenhang mit Russland-Reisen schon in den Schlagzeilen stand, zudem: "Es ist KEIN Landesverrat, wenn man sich nicht in die allgemeine Kriegshysterie gegen Russland hinein ziehen lassen will! Man muss auch zuhören wollen, wenn man zutiefst deutsche Interessen sucht!"

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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