Politik

Datenschützer verlangen Abbruch De Maizière verteidigt Videoüberwachung

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Am Berliner Bahnhof Südkreuz werden seit 1. August Kameras mit automatischer Gesichtserkennung getestet.

(Foto: dpa)

Der Probelauf zur automatischen Gesichtserkennung in Berlin ist stark umstritten. Datenschützer befürchten eine unzulässige Überwachung und fordern den sofortigen Abbruch des Projekts. Bundesinnenminister de Maizière sieht dafür keinen Grund.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat das Berliner Pilotprojekt zur automatischen Gesichtserkennung per Kamera gegen die Kritik von Datenschützern verteidigt. Bei einem Ortstermin am Bahnhof Südkreuz in der Hauptstadt sagte de Maizière, er sehe "überhaupt keinen Grund, diesen Test jetzt abzubrechen". Die Bedenken der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff beruhten auf einer "unzutreffenden Information einer privaten Organisation".

Seit Anfang August werden am Bahnhof Südkreuz die Systeme von drei Herstellern zur Gesichtserkennung ausprobiert. An der sechsmonatigen Testphase nehmen 300 Freiwillige teil, die mit einem Transponder ausgestattet sind. Damit soll kontrolliert werden, wie gut die Systeme Versuchsteilnehmer erfassen, die an den Kameras vorbeilaufen.

Der Datenschutzorganisation Digitalcourage hatte den Transponder untersucht und nach eigenen Angaben festgestellt, dass die Sensoren auch Daten wie die Umgebungstemperatur oder die Beschleunigung messen, speichern und weitergeben können. Damit lasse sich ein Bewegungsprofil der Versuchsteilnehmer erstellen, auch außerhalb des Testbereichs. Die Daten könnten von jedem Smartphone über eine entsprechende App ausgelesen werden.

"Erstaunliche Treffgenauigkeit"

Die Teilnehmer hatten lediglich eingewilligt, einen passiven Chip mit sich zu tragen, der von einem Lesegerät am Bahnhof erfasst wird. Voßhoff forderte die Bundespolizei daher auf, von den Teilnehmern des Pilotprojekts eine erneute datenschutzrechtliche Einwilligung einzuholen, die die Verwendung eines aktiv sendenden Bluetooth-Transponders mit einbezieht. Bis dies geschehen sei, sollte das Verfahren mangels Rechtsgrundlage ausgesetzt werden. Das Versäumnis der Bundespolizei sei "keine Lappalie", erklärte sie.

De Maizière sagte, dass es jedem Teilnehmer freistehe, seine Einwilligungserklärung zu widerrufen. "Der Transponder könnte mehr speichern, aber wir haben ihn inaktiv gestellt, weil wir auch an den anderen Informationen überhaupt nicht interessiert sind", sagte der Innenminister. Er sei gerne bereit, dass sich die Bundespolizei mit dem Verein Digitalcourage zusammensetze "und das klärt". Möglicherweise sei der von dem Verein untersuchte Transponder auch manipuliert worden.

Die ersten Testergebnisse "nach vier Wochen im Sommer bei viel hellem Licht" hätten eine "erstaunliche Treffgenauigkeit" geliefert, sagte der Innenminister. "Allerdings ist es noch sehr früh, zu beurteilen, wie das unter anderen Bedingungen erfolgt." Die Gesichtserkennung müsse auch an einem "dunklen Novembertag" funktionieren, oder wenn Menschen Sonnenbrillen und Mützen trügen.

Der ARD hatte de Maizière zuvor gesagt, dass die automatische Gesichtserkennung einen "unglaublichen Sicherheitsgewinn gegenüber den bisherigen öffentlichen Fahndungen" schaffen könnte. Bei der Gesichtserkennung würden ähnlich wie bei der automatisierten Erfassung von Kfz-Kennzeichen nur diejenigen gespeichert, die verdächtig seien.

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Quelle: ntv.de, vck/AFP

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