Linke Großdemo verboten Demonstranten greifen Polizei in Leipzig an
03.06.2023, 20:17 Uhr Artikel anhören
Rund 1500 Teilnehmer hatten sich laut Polizeiangaben am Nachmittag am Alexis-Schumann-Platz zu einer Demonstration versammelt. Angemeldet waren 100 Demonstranten.
(Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)
Seit Tagen mobilisiert die linke Szene für eine Großdemonstration in Leipzig heute. Da die eigentlich geplante Solidaritätskundgebung für die verurteilte Lina E. verboten wird, versammeln sich rund 1500 Menschen zu einer Ersatzdemo. Mehrere Polizisten werden verletzt.
In Leipzig hat es erneut Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gegeben. Bei einer Demonstration am Alexis-Schumann-Platz gab es Böllerschüsse. Steine, Flaschen und ein Brandsatz wurden auf Polizisten geworfen. Die Polizei kesselte einen Teil der Demonstranten ein und sprach von "massiven Ausschreitungen" im Leipziger Süden. Mehrere Wasserwerfer seien zwar in Stellung gebracht worden, aber nicht zum Einsatz gekommen, sagte ein Sprecher.
Rund 1500 Teilnehmer hatten sich laut Polizei am Nachmittag zu der Demonstration versammelt, davon nach diesen Angaben ein Drittel gewaltbereite. Angemeldet waren 100 Demonstranten. Die Versammlung blieb zunächst friedlich, eskalierte dann aber. Mehrere Beamte seien von Steinen und anderen Wurfgeschossen getroffen und verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher am Abend. Zur genauen Zahl der verletzten Beamten machte die Polizei bislang keine Angaben.
"Die Lage auf der Karl-Liebknecht-Straße wird unfriedlich. Unsere Kräfte werden immer wieder attackiert und mit Steinen/Pyrotechnik beworfen", schrieb die Polizei am Abend bei Twitter. Man appelliere an alle Personen dort, sich von Straftätern zu distanzieren und friedlich zu verhalten. "Unbeteiligte werden gebeten, den Bereich zu verlassen bzw. zu meiden."
Mehrere Fahrzeuge und Mülltonnen brennen
In linken Kreisen war bundesweit für die Demonstration mobilisiert worden. Anlass ist das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis, bei denen mehrere Menschen teils schwer verletzt worden waren. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.
Trotz des endgültigen Verbots einer großen "Tag X"-Demonstration der linksradikalen Szene war die Polizei mit einem Großaufgebot in Leipzig präsent. Zudem fanden in der Stadt das Sachsenpokal-Finale, das Stadtfest sowie ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt. An Zufahrtswegen in die Stadt sowie am Bahnhof gab es den ganzen Tag Kontrollstellen. Am frühen Samstagnachmittag brannten mehrere Fahrzeuge und Mülltonnen.
Die "Tag X"-Demo sollte eigentlich am Samstag um 17 Uhr in der Wolfgang-Heinze-Straße stattfinden. Die Stadt hatte diese jedoch verboten. Das Verbot war sowohl vom Verwaltungsgericht Leipzig als auch vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht bestätigt worden. Auch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht blieb erfolglos. Sie wurde nicht zur Entscheidung angenommen.
Linke kritisiert Polizei
Nach den Krawallen gab es Kritik der Linken am Vorgehen der Polizei. Ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, warf der Polizei bei Twitter vor, sie habe die Lage durch das "faktische Verbot" eskalieren lassen. Die Linken-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz kritisierte die Entscheidung, die Demonstranten nicht laufen zu lassen. "Deeskalation sieht anders aus", so die Politikerin bei Twitter. Das linksgerichtete Bündnis "Dresden Nazifrei" bezeichnete das Auftreten der Polizei als "martialisch".
Bereits am Freitagabend hatte es in Leipzig-Connewitz Randale gegeben. Nach ersten Erkenntnissen wurden 23 Beamte verletzt. Einer von ihnen wurde im Krankenhaus behandelt. 17 Einsatzfahrzeuge der Polizei wurden beschädigt. Acht Fahrzeuge waren in Brand gesetzt worden, darunter auch Autos von Anwohnern, hieß es. An einer Bankfiliale wurde Schaden "in hoher fünfstelliger Summe" verursacht, wie die Polizei mitteilte. Ermittelt wird unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs. Den Angaben zufolge wurden fünf Tatverdächtige festgenommen, drei Menschen kamen in Gewahrsam.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa