Klare Regeln gefordertDeutsche Bauindustrie will "EU-first-Ansatz" in der Ukraine

Für die deutsche Bauindustrie ist die Sache klar: Wer zahlt, bestimmt die Spielregeln. Das soll nun auch für die Ukraine gelten.
Die deutsche Bauindustrie fordert eine Verknüpfung von Ukraine-Hilfen und Aufträgen für die deutsche und europäische Wirtschaft. "Wenn am Ende des Tages der europäische Steuerzahler die Mittel für den Wiederaufbau finanzieren muss, dann sollten diese Mittel auch zuvorderst den Unternehmen aus der EU zugutekommen", fordert Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, im "Spiegel".
Dazu biete sich vor allem das Instrument der Lieferbindung an, das insbesondere auch China und Japan für die von ihnen im Ausland finanzierten Infrastrukturprojekte nutzten. Andernfalls müssten die Ausschreibungen neben dem Preis auch die Fähigkeiten und Qualitäten der Bieter berücksichtigen, so der Bau-Lobbyist. Einen reinen Preiswettbewerb könnten europäische Bauunternehmen gegen Konkurrenz aus Drittstaaten nicht gewinnen.
"Beim Punkt der Geldvergabe muss es klare Regeln geben", sagte Müller dem "Spiegel". "Derjenige, der finanziert, sollte auch die Spielregeln bestimmen." Wenn Europa den Löwenanteil der Wiederaufbaukosten finanzieren sollte, wünsche er sich bei der Vergabepolitik eine deutlich europäische Handschrift sowie einen "EU-first-Ansatz".
Zuvor hatte sich Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche schon dafür ausgesprochen, die Hilfszahlungen für die Ukraine daran zu koppeln, dass Aufträge an deutsche Unternehmen vergeben werden. "Ich finde, das ist eine völlig legitime Forderung", sagte Reiche. Deutschland sei im Rahmen des Energie-Fonds und des Wiederaufbau-Fonds für die Ukraine der mit Abstand größte Geldgeber. "Aus diesem Programm wiederum Aufträge zu bekommen, deutsche Unternehmen zu beteiligen, ist mehr als legitim."
Der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Michael Harms, sprach sich ebenfalls für eine Lieferbindung der Ukraine-Hilfen aus. "Deutschland und die EU geben sehr viel Geld für die Ukraine, und dann gewinnen am Ende oft chinesische, indische und türkische Firmen die Ausschreibung, weil die nur nach dem Preis geht", sagte er dem Portal "Politico". "Wir würden als deutsche Wirtschaft an unseren Hilfen für den Wiederaufbau gern stärker partizipieren."
Laut einer Mitteilung der Bundesregierung vom September hat Deutschland seit Beginn des russischen Angriffskriegs bilaterale zivile Unterstützung in Höhe von rund 36 Milliarden Euro für die Ukraine geleistet.