Aktivisten bewerten 60 Staaten Deutschland verbessert sich beim Klimaschutz
09.11.2021, 12:10 Uhr
Licht und Schatten für den Klimaschutz: Windkraftanlagen und der Braunkohletagebau Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen.
(Foto: imago images/Wassilis Aswestopoulos)
Unter den emissionsstärksten Ländern tut Deutschland mit am meisten für den Klimaschutz. Zu diesem Ergebnis kommen die Organisation Germanwatch und das Newclimate Institute. Doch es gibt auch deutliche Kritik an der deutschen Politik.
Deutschlands Klimaschutz-Bemühungen haben sich im internationalen Vergleich erneut verbessert. Im Klimaschutz-Index der Organisation Germanwatch und des Newclimate Institute rückte die Bundesrepublik um sechs Plätze vor und liegt nun auf Rang 13. An der Spitze stehen erneut die nordischen Länder Dänemark, Schweden und Norwegen. Die ersten drei Plätze blieben wegen insgesamt unzureichender Maßnahmen allerdings unbesetzt. Schlusslichter des Rankings sind der Iran, Saudi-Arabien und Kasachstan.
Deutschland verbesserte sich demnach vor allem wegen sinkender Treibhausgasemissionen und seiner verschärften Klimaziele für 2030 und 2045. Problematisch sei hingegen "der zuletzt massiv stockende Ausbau der Erneuerbaren Energien", heißt es in der Untersuchung. Auch die nationale Klimapolitik bewerten die Klimaschützer bislang noch als "schwach", weil die Bundesregierung nicht ausreichend dargelegt habe, wie sie die verschärften Ziele zu erreichen gedenke.
Konkret fordern die Aktivisten einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg und das Ende von Subventionen für alle fossilen Brennstoffe. Auch gesetzliche Hindernisse für erneuerbare Energien, insbesondere für Windkraftanlagen, müssten beseitigt werden, um die gesetzlich vorgeschriebenen Ziele für 2030 zu erreichen. Jan Burck von Germanwatch sieht darin die "Feuerprobe" für die nächste Bundesregierung.
Plätze eins bis drei nicht vergeben
Der globale Klimaschutz-Index erscheint seit 2005 jährlich. Die diesjährige Bewertung vergleicht den Klimaschutz in den 60 emissionsstärksten Ländern. Laut Germanwatch und dem Newclimate Institute stehen nach wie vor die Bemühungen keines der Länder im Einklang mit den Pariser Klimazielen, also einer Begrenzung der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Daher wurden die Plätze eins bis drei nicht vergeben. Die Skandinavier sowie Großbritannien und Marokko seien aber auf einem guten Weg.
"Unser Index zeigt auch, dass das Wettrennen zu null Treibhausgasemissionen begonnen hat", erklärte Niklas Höhne vom Newclimate Institute. "Ob Deutschland da zur Spitzengruppe vorstoßen kann, muss sich noch zeigen." Weit entfernt von der Spitze und zugleich wegen ihres hohen Treibhausgasausstoßes höchst bedeutend sind hingegen die G20-Länder USA, Russland, Australien, Südkorea, Kanada und Saudi-Arabien. Besonders Australien scheint daran auch nicht viel ändern zu wollen: Die Klimapolitik der australischen Regierung bewerten die Aktivisten so schlecht wie möglich mit 0,0. Hier schneiden auch Brasilien und Algerien sehr schlecht ab.
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Die USA - in der Vergangenheit wiederholt Schlusslicht des Klima-Index - verbessern sich in diesem Jahr in der Gesamtwertung um sechs Plätze. Das liege vor allem an Ankündigungen von Präsident Joe Biden, die nun erst noch umgesetzt werden müssten, betonen die Autoren der Studie. Von den 27 EU-Staaten finden sich Slowenien, Tschechien, Polen und Ungarn in der untersten Kategorie der Gesamtwertung wieder.
Indien verbessert sich
Der größte Treibhausgas-Emittent weltweit, China, rutschte vier Plätze abwärts auf Rang 37 und liegt damit im unteren Mittelfeld des Rankings. Die größten Problemfelder sind demnach die hohen Emissionen und die sehr schlechte Energieeffizienz. Auch Pekings 2030er-Ziele in diesen beiden Bereichen seien nicht ausreichend. "Sehr gut ist hingegen der Trend bei den erneuerbaren Energien", erklärt Germanwatch. Hier liege China vor Deutschland.
Indien, drittgrößter Emittent, steht im Ranking gut da, noch drei Plätze vor Deutschland. Denn relativ zur Einwohnerzahl sind die Treibhausgasemissionen des Landes sehr gering. Ankündigungen von Regierungschef Narendra Modi bei der Weltklimakonferenz bewerten die Klimaschützer positiv. Wenn diese umgesetzt würden, sei "Indien auf einem guten Weg".
In Glasgow beraten derzeit mehr als 190 Länder über die konkrete Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Die Verhandlungen der COP26 sollen am Freitag abgeschlossen werden.
Quelle: ntv.de, mbe/AFP