Politik

Business und NukleardrohungenDie Europäer hält Putin in Angst, Trump will er einseifen

04.12.2025, 07:51 Uhr b58b01e6-b3b2-4108-ace9-39b8c6dbd390Von Hubertus Volmer
Wladimir-PUTIN-Praesident-Russland-Einzelbild-angeschnittenes-Einzelmotiv-Halbfigur-halbe-Figur-Wladimir-PUTIN-Praesident-Russland-trifft-Steve-Witkoff-und-Jared-Kushner-zu-Verhandlungen-am-02-12-2025-in-Moskau
Putin am Dienstag im Gespräch mit Trumps Unterhändler Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner auf einem vom Kreml verbreiteten Foto. (Foto: picture alliance / TheKremlinMoscow-SvenSimon)

Auch wenn US-Präsident Trump und sein Unterhändler dies vermutlich denken: Um Geschäfte geht es Putin zuallerletzt, mit gemeinsamen Wirtschaftsprojekten ködert er die USA nur. Noch erfolgreicher ist Putin mit seinen Drohungen gegen Europa.

Die Botschaft war eindeutig, wieder einmal. "Wir haben nicht die Absicht, Krieg gegen Europa zu führen, (…) aber wenn Europa kämpfen will und anfängt, sind wir sofort bereit", sagte der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag. Der Zeitpunkt dürfte bewusst gewählt worden sein: Nach diesem Statement traf Putin Abgesandte von US-Präsident Donald Trump, um über eine Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu sprechen. Die Ironie blieb dem Immobilieninvestor Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner vermutlich verborgen: erst mit Krieg drohen, dann über Frieden verhandeln.

Neu sind solche Drohungen nicht. Seit 2022, seit Beginn der großen Invasion in die Ukraine, versuche Putin, die Europäer "mit Nukleardrohungen in Angst zu halten", sagt der Politikwissenschaftler Thomas Jäger ntv.de. Putins Ziel: "Die Europäer sollen zu der Einschätzung gelangen, dass die Ukraine ohnehin keine Chance hat."

"Das ist vor allem großes Gepolter"

So sieht es auch die Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff. "Der Zweck liegt deutlich auf der Hand: Es geht vor allem um die europäischen Öffentlichkeiten, die Druck auf ihre Regierungen machen sollen. Putin will Europa abschrecken, die Ukraine weiter oder noch stärker zu unterstützen. Das ist vor allem großes Gepolter. Russland ist nicht auf einen Krieg mit Europa vorbereitet, denn das wäre ein Krieg gegen die Nato."

Aber Putins Kommunikation richtet sich nicht nur gegen Europa, sondern auch an die USA, vor allem an den Mann im Weißen Haus. An ihn geht die Botschaft: Die Europäer wollen keinen Frieden - ich dagegen schon.

Bislang ist der russische Diktator mit beiden Botschaften recht erfolgreich: Die Europäer müssen sich ihren Einfluss auf die Verhandlungen zwischen den USA und Russland stets aufs Neue erkämpfen. Und vor allem in Deutschland schafft Putin es mit seinen Drohungen, die Stimmung zu beeinflussen. "Normalerweise sammeln sich Gesellschaften in Zeiten der Bedrohung von außen um ihre Regierungen", erläutert Jäger. "Aktuell ist in Deutschland genau das Gegenteil zu beobachten: Selbst mit dem Wenigen, das die Bundesregierung macht, hat sie es schwer, breite Unterstützung zu finden."

"Das ist eine unglaublich erfolgreiche Kampagne"

Die Bundesregierung würde hier wohl widersprechen, immerhin leistet Deutschland einen großen Teil der Hilfe für die Ukraine. Ohne die europäische Unterstützung hätte das Land seinen militärischen Abwehrkampf in dieser Form längst aufgeben müssen. Allerdings: Mit einer weniger skeptischen Stimmung in den Ländern Westeuropas wäre deutlich mehr möglich gewesen.

Mit Blick auf die Stimmung in Deutschland verweist Politologe Jäger auf die AfD, das BSW, die Linke und jene Teile der SPD, die davon sprechen, man müsse gute Beziehungen zu Russland unterhalten und solle künftig wieder Energie von dort beziehen. "Die Kräfte, die die russische Propaganda wiedergeben, werden stärker", so Jäger. "Das ist eine unglaublich erfolgreiche Kampagne, die da läuft."

Dieser Erfolg reicht bis in die Partei des Bundeskanzlers: Keine 24 Stunden nach Putins Drohung sagte der sächsische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Michael Kretschmer, der Beschluss der EU zum kompletten Verzicht auf russisches Erdgas sei eine Fehlentscheidung. Dabei sind es diese Gasexporte, die Putins Krieg gegen die Ukraine mitfinanzieren.

Erfolgreich ist Putin mit seinen Botschaften auch beim US-Präsidenten. "Trump und sein Clan interessieren sich nicht für Europa", sagt Jäger. "Sie wollen sich bereichern." Auf genau dieser Ebene spreche Putin Trump an: "Die russische Führung ködert Trump zwar mit gemeinsamen Wirtschaftsprojekten in Russland und in der Arktis. Aber ihre politischen Ziele gibt sie dafür nicht auf. Sie will die Ukraine einnehmen und die Amerikaner aus Europa vertreiben." Man könnte sagen, dass Putin versucht, Trump einzuseifen. Allerdings betont Jäger: "Die Amerikaner geben ihr Selbstverständnis als Unterstützer der Demokratie langsamer auf als ihr Präsident."

"Um Geschäfte geht es Putin zuallerletzt", analysiert auch Deitelhoff. "Aber wenn er mit Witkoff und Kushner spricht, hat er die Fraktion der Trump-Außenpolitik vor sich, die vor allem Business machen will. Deshalb spielt er diese Karte. Ihm selbst geht es um politische und militärische Ziele: Er will sich die Ukraine einverleiben, und zwar möglichst komplett."

Schon seit Jahren versuche Putin, Europa und die USA auseinanderzudividieren, so Deitelhoff, wobei ihm dabei auch die Trump-Administration in die Hände spiele. "Gerade deshalb müssen die europäischen Regierungen aufpassen, dass Putins Behauptung, Europa blockiere Trumps Friedensplan, nicht beim US-Präsidenten hängen bleiben." Noch habe man solche Töne aus Washington allerdings nicht gehört, betont die Konfliktforscherin.

Quelle: ntv.de

Donald TrumpAngriff auf die UkrainePropagandaWladimir PutinTerrorismusUkraine