Wirtschaftstalk bei Maischberger Dreyer: Union spielt Wirtschaft gegen Bauern aus
29.02.2024, 06:11 Uhr Artikel anhören
Blume und Dreyer bei Maischberger.
(Foto: WDR/André Kowalski)
Bayerns Staatsminister Blume will die Wirtschaft fördern, ist aber gegen das Wachstumschancengesetz. Bei Maischberger spricht er sich für Neuwahlen aus. Neu ist die Forderung allerdings nicht.
Die Ampelkoalition hat vor allem in der Wirtschaftspolitik kein glückliches Händchen. Ein von der Regierung vorgelegtes Wachstumschancengesetz trifft bei den Ländern auf Widerspruch. Das Gesetz, das ursprünglich einen Rahmen von sieben Milliarden Euro haben sollte, wird auf weniger als die Hälfte gekürzt. Die Unionsparteien wollen zwar die Wirtschaft fördern, das entsprechende Gesetz lehnen sie jedoch ab. Erst soll die Bundesregierung zustimmen, den Agrardiesel weiter zu subventionieren. Andere Vorschläge der Wirtschaftsförderung gibt es in den Unionsparteien nur wenige. Am Mittwochabend sollen in der ARD-Talkshow Maischberger die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, und der Bayerische Staatsminister Markus Blume von der CSU versuchen, einen Weg aus der verfahrenen Situation zu finden. Sein Rezept, wie er die Wirtschaft fördern will: Neuwahlen. "Das würde viel mehr Wirtschaftswachstum bringen als dieses kleine Wirtschaftspaket", sagt er. Mit dem kleinen Wirtschaftspaket meint er das Wachstumschancengesetz, das selbst Politiker der FDP als "Gesetzchen" bezeichnen.
Bevor Malu Dreyer zur Verteidigung des Kompromissgesetzes ansetzt, übt die Ministerpräsidentin erst einmal Kritik an der Bundesregierung. Sie sei verärgert über deren Performance. "Das ist wirklich schlimm." Die Ampel müsse besser auftreten und kommunizieren: "Der Bürger, die Bürgerin hat einen Anspruch darauf, dass es eine gescheite politische Kommunikation gibt", sagt Dreyer.
Blume wäre nicht der, der er ist, wenn er da nicht noch einen draufsetzen würde. Er finde es interessant, dass sich nach zwei Jahren Ampel viele wieder die Große Koalition zurückwünschten, sagt er. Die Ampel sei als Fortschrittskoalition angetreten, funktioniere im Moment aber eher als Abrissbirne. Die Stimmung in der Wirtschaft sei schlecht. Unternehmen betrachteten die Wirtschaftspolitik als eines der größten Standortrisiken. Die Verantwortung dafür liege ausschließlich bei dieser Ampelkoalition.
Ein wuchtiges Paket wäre großartig
Was helfen kann? Blume: "Wenn wir in Deutschland über Wachstumschancen reden würden, und wir wirklich ein wuchtiges Paket hinbekommen würden, das wäre großartig." Mehrbelastung und neue Steuern haben nach Blumes Ansicht zu einer "Belastungskaskade" geführt. Dann komme die Regierung mit einem zusammengeschrumpften Wachstumschancengesetz um die Ecke. "Und jetzt will man noch den einen Teil der Wirtschaft gegen den anderen Teil der Wirtschaft, nämlich die Landwirtschaft, ausspielen." Die Union sei für fundamentale Entlastungen, aber nicht zulasten der Landwirtschaft.
Dreyer gibt den Vorwurf an Blume zurück. Die Union könne nicht einen Teil der Wirtschaft gegen einen anderen ausspielen. "Selbst die Mittelstandsvereinigung der CDU fordert, dass das Wachstumschancengesetz auf den Weg gebracht wird. Und man kann nicht sagen, ich blockiere 3,2 Milliarden, weil es mir zu klein ist, und will damit erst mal eine andere Problemlösung erpressen." Es gebe Gespräche zwischen den Bauernverbänden und der Bundesregierung. Dabei gehe es um die Entlastung der Bauern. In diesem Zusammenhang schlägt Dreyer später einen Kompromiss vor: Die Unionsparteien sollten im Bundesrat dem Wachstumschancengesetz zustimmen, wenn es andere Angebote an die Bauern geben würde, "die ihnen Planungssicherheit und eine stärkere Perspektive geben." Das lehnt Blume ab: "Neuwahlen wären total richtig."
Wirtschaft kritisiert Unionsblockade
Dabei kritisiert auch die Wirtschaft die Unionsblockade des Gesetzes. 18 Wirtschaftsverbände haben einen flammenden Appell an die Ministerpräsidenten gerichtet und gefordert, sie sollen am 12. März im Bundesrat dem Gesetz zustimmen.
" Wir nehmen das sehr ernst", erklärt Blume. Er ist für ein großes Wachstumspaket und eine Unternehmenssteuerreform. "Wir bräuchten dringend Entlastungen, Leistung muss sich doch lohnen, Menschen müssen doch das Gefühl haben, es rentiert sich auch, wenn ich arbeite." Die Forderung von Blume ist nicht gerade neu: Die Wirtschaft fördern, beim Bürgergeld sparen. "Diese Regierung macht alles Mögliche, aber sie regiert an den zentralen Bedürfnissen dieses Landes vorbei. Und diese Prioritätensetzung möchten wir gerne einfordern."
Mit Einschnitten beim Bürgergeld ist Dreyer natürlich nicht einverstanden. Und das Wachstumschancengesetz beschränke sich am Ende auf die wesentlichen Punkte, die Forschungsförderung und die Entlastung der Bauwirtschaft durch zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten. Das finanziell geschrumpfte Gesetz sei "sehr zielgerichtet", sagt Dreyer. Könnte ironisch wirken, wenn die Lage der Wirtschaft in Deutschland nicht so ernst wäre.
Am Ende sind die Zuschauer, die sich eine Problemlösung gewünscht haben, enttäuscht. Die Zeit für Versöhnung ist nicht da, vom Willen, die Probleme in der Wirtschaft gemeinsam anzugehen, ist nichts zu spüren. Dass es bis zur Bundesratsabstimmung über das Wachstumschancengesetz in zwei Wochen doch noch eine Annäherung zwischen Ampel und Opposition gibt, ist nach dieser Diskussion kaum zu erwarten.
Quelle: ntv.de