Politik

Der Kriegstag im Überblick Dutzende "schlafende" Soldaten getötet - Russland nun Hyperschall-Macht

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Das Ausmaß eines russischen Luftangriffs auf eine Kaserne im südukrainischen Mykolajiw mit vielen Toten wird ersichtlich. Die Stadt, die als Festung vor Odessa gilt, sieht sich einem "Tornado" an Luftangriffen ausgesetzt. Andernorts etabliert sich Russland als Macht mit einer besonderen Waffe. Der 24. Kriegstag im Überblick.

Tor nach Odessa: Mykolajiw unter schweren Luftangriffen

Das südukrainische Mykolajiw gilt als letzte Festung vor der Hafenstadt Odessa. Die russischen Streitkräfte haben heute nach Angaben der dortigen ukrainischen Regionalregierung ihre Luftangriffe auf die Stadt verstärkt. Die Attacken erfolgten in so rascher Abfolge, dass kein Alarm ausgelöst werden könne, erklärte Gouverneur Vitali Kim in Online-Netzwerken. "Denn bis wir diesen Tornado ankündigen, ist er bereits da." Zum Ausmaß der Schäden oder zur Zahl möglicher Opfer machte er keine Angaben.

Die verheerenden Ausmaße eines schon gestern erfolgten Angriffs auf eine Militärkaserne in Mykolajiw wurden indessen erst heute wirklich ersichtlich. Augenzeugen zufolge wurden Dutzende Menschen getötet. "Nicht weniger als 200 Soldaten schliefen in den Baracken", sagte ein 22-jähriger Soldat. "Mindestens 50 Leichen wurden aus den Trümmern gezogen, aber wir wissen nicht, wie viele dort noch liegen."

Ein weiterer Soldat sagte, der Angriff könnte 100 Menschen getötet haben. "Wir zählen weiter, aber angesichts des Zustands der Leichen ist es fast unmöglich, die Zahl festzustellen", sagte eine der Rettungskräfte.

Russland nun Hyperschall-Macht

Mit einem weiteren Angriff auf ein Munitionsdepot hat sich Russland zudem als Macht mit Hyperschall-Rakete etabliert. Die Rakete vom Typ "Kinschal" (Dolch) ist wohl die erste ihrer Art, die jemals in einem Kriegsgeschehen zum Einsatz kam. Dies geschah schon am Freitag im Gebiet Iwano-Frankiwsk. Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenko, sagte, die Rakete habe im Westen der Ukraine ein unterirdisches Waffendepot mit Raketen und Munition der ukrainischen Luftwaffe zerstört.

Der Militärexperte und Leiter eines Forschungszentrums in Moskau, Wassili Kaschin, sprach nach der Bekanntgabe des "Kinschal"-Einsatzes von einer "Weltpremiere". Dabei ist die Hyperschall-Technologie zwar hochmodern, aber gleichzeitig auch altbekannt. Zahlreiche Länder forschen seit Jahrzehnten daran. Schon im "Dritten Reich" wurde am Hyperschallgleiter "Silbervogel" geforscht.

Trotzdem sind die Russen nun wohl die ersten, die eine moderne Hyperschall-Rakete nutzen, die sowohl mit mehr als Mach 5 fliegt als auch manövrierbar bleibt. Der erstmalige Einsatz der "Kinschal" bringt die Russen im internationalen Wettrennen um immer bessere Waffen, Drohnen und Zerstörungs-KI einen Schritt weiter. Mehr dazu lesen Sie hier in einer Analyse.

Gehen Russland die Generäle aus?

Es gab aber Berichten zufolge auch für die Russen einen schweren Verlust - und zwar in den obersten Rängen. Zwanzig Generäle hat Russland an der Front, wie weithin berichtet wird. Jetzt will die ukrainische Armee einen weiteren und damit den bereits fünften getötet haben. Er soll in der ukrainischen Stadt Tschernobajewka nach einem Artillerieangriff getötet worden sein, teilte der ukrainische Generalstab der Streitkräfte auf Twitter und Facebook mit. Demnach handelt es sich bei dem Getöteten um Generalleutnant Andrej Mordwitschew, Kommandeur der 8. Armee des südlichen Militärbezirks der russischen Streitkräfte.

Erst gestern war darüber berichtet worden, dass der russische Präsident Putin einen weiteren General geschasst habe. Putin habe einen der ranghöchsten Militärs, General Roman Gawrilow, verhaften lassen, berichtete unter anderem die britische Zeitung "The Telegraph" unter Berufung auf einen britischen Minister. In der Duma wurde der Bericht allerdings dementiert. Demnach ist Gawrilow auf eigenen Wunsch zurückgetreten. Schon zuvor hatte es Berichte gegeben, dass Putin 8 von 20 Generälen an der Front abberufen habe.

Während davon auszugehen ist, dass Russland landesweit über eine Anzahl von Generälen im mindestens recht hohen dreistelligen Bereich verfügt, erscheint der Verlust unter den an der Front eingesetzten zwanzig Generälen in der Tat sehr hoch.

Kiew bittet China, China lenkt nicht ein - im Gegenteil

Der Krieg in der Ukraine hat sich unterdessen abseits des Kriegsgeschehens zu einem diplomatischen Ringen um Verbündete entwickelt. Oft im Zentrum: China. Die Regierung in Kiew appellierte an Peking, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verurteilen. "China kann ein wichtiges Element des globalen Sicherheitssystems sein, wenn es die richtige Entscheidung trifft, die Koalition der zivilisierten Länder zu unterstützen und die russische Barbarei zu verurteilen", schrieb der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak auf Twitter. Insbesondere steht China auch unter starkem Druck seitens der Vereinigten Staaten und ihrer europäischen Verbündeten, sich von Moskau zu distanzieren.

Der stellvertretende chinesische Außenminister Le Yucheng erklärte indessen, die Sanktionen des Westens gegen Russland seien zunehmend empörend. Er näherte sich der russischen Sichtweise an, indem er erklärte, das westliche Militärbündnis NATO sollte sich nicht weiter ostwärts ausbreiten und damit eine Atommacht wie Russland in eine Ecke drängen.

Seeminen am Bosporus?

An der Grenze zwischen Europa und Asien, nämlich im nordwestlichen Schwarzen Meer vor der ukrainischen Küste, wächst im Zuge des Kriegs zunehmend die Gefahr durch Seeminen. Die russische und ukrainische Seiten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.

Die ukrainische Marine habe die Häfen Odessa, Otschakiw, Tschornomorsk und Piwdenny vermint, teilte der russische Inlandsgeheimdienst FSB mit. Einige der mehr als 420 verankerten Seeminen hätten sich im Sturm aber losgerissen. Das bedrohe Schiffe auf dem Schwarzen Meer. Schlimmstenfalls könnten Minen durch die türkischen Meerengen ins Mittelmeer treiben, hieß es in der FSB-Mitteilung.

Das auf Schifffahrt spezialisierte ukrainische Portal BlackSeaNews zitierte ebenfalls die russische Warnung vor treibenden Seeminen. Es berichtete aber unter Berufung auf eigene Quellen, die russische Schwarzmeerflotte habe die Seeminen auf der Route zwischen Odessa und dem Bosporus gelegt. Unabhängige Bestätigungen dafür gab es nicht.

Seit dem russischen Angriff vom 24. Februar liegt die Schifffahrt im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres ohnehin zwangsweise still. Vor den Küsten der EU- und NATO-Mitglieder Rumänien und Bulgarien ist nur wenig Verkehr zu sehen.

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Quelle: ntv.de, mpe/AFP/rts/dpa

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