Nur noch "dem Namen nach" EU rechnet mit Beitrittskandidaten Serbien und Georgien ab
04.11.2025, 18:41 Uhr Artikel anhören
Die EU-Kommission stellt einen Beitritt neuer Länder bis 2030 in Aussicht.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Einmal im Jahr bewertet die EU-Kommission das Reformtempo der Beitrittskandidaten. Die Ukraine, Moldau, Montenegro und Albanien erhalten in diesem Jahr Lob für ihre Anstrengungen. Anders sieht es bei Serbien aus. Die schärfste Kritik richtet sich aber an Georgien.
Die EU-Kommission hat die Fortschritte der Ukraine, Moldaus, Montenegros und Albaniens für einen Beitritt zu dem Staatenbund gelobt, Serbien und Georgien zugleich scharf kritisiert. "Die Erweiterung der Union liegt in unserem besten Interesse", sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in Brüssel bei der Vorstellung des Jahresberichts der Kommission über die Bemühungen der Kandidaten. "Der Beitritt zur Europäischen Union bleibt ein gerechter, harter und verdienstbasierter Prozess. Ein Beitritt neuer Länder bis 2030 ist jetzt jedoch ein realistisches Ziel."
Auch die für die Erweiterung zuständige EU-Kommissarin Marta Kos sagte, der Beitritt einiger Länder sei "eine realistische Möglichkeit in den kommenden Jahren". Serbien habe allerdings das Tempo der für einen Beitritt erforderlichen Reformen verlangsamt, und Georgien gelte inzwischen noch als Beitrittskandidat "nur dem Namen nach".
Albanien mit "beispiellosen Fortschritten"
Kos zufolge hat Montenegro, ein Balkanstaat mit rund 600.000 Einwohnern, "erhebliche Fortschritte auf dem Weg zum EU-Beitritt gemacht". Albanien lobte sie für "beispiellose Fortschritte", und auch Moldau sei trotz des Drucks von außen mit "beschleunigtem Tempo" vorangekommen. Die Ukraine habe trotz des russischen Angriffskrieges und der Blockade der Beitrittsverhandlungen durch Ungarn ihr "Engagement für ihren EU-Kurs unter Beweis gestellt". Es sei jetzt aber entscheidend, das Momentum beizubehalten und jegliches Risiko von Rückschritten zu vermeiden, vor allem bei der Korruptionsbekämpfung, mahnte Kos.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte den Bericht. "Wir erwarten die entscheidenden Maßnahmen der EU, um alle künstlichen Hindernisse für ein starkes und geeintes Europa zu überwinden", schrieb er auf X. Er wolle, dass sein Land schon von 2030 an vollumfängliches Mitglied der EU sei. Moldaus Präsidentin Maia Sandu forderte die EU auf, bis zum Jahresende alle Verhandlungskapitel mit ihrem Land für einen Beitritt zu eröffnen. Moldau werde dafür wichtige Reformen fortsetzen, unter anderem im Justiz- und Energiesektor.
EU-Erweiterung erfordert einstimmige Unterstützung der Mitglieder
Die schärfste Kritik übte die Kommission an Georgien. Die Regierung in Tiflis untergrabe die Rechtsstaatlichkeit und schränke Grundrechte stark ein. Der Regierungspartei "Georgischer Traum" wird von Kritikern ein Abdriften in den Autoritarismus und eine prorussischere Außenpolitik vorgeworfen. Sie hat die EU-Beitrittsgespräche eingefroren und Brüssel vorgeworfen, eine Revolution in Georgien zu planen, was die EU entschieden zurückweist. Vergangene Woche kündigte der georgische Parlamentspräsident an, die drei größten Oppositionsparteien des Landes verbieten zu wollen.
Weitere Aspiranten für einen EU-Beitritt sind Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo. Montenegro ist unter den Kandidaten am weitesten fortgeschritten und strebt an, die Verhandlungen mit der EU bis Ende 2026 abzuschließen. Albanien hofft, diesen Schritt Ende 2027 zu vollziehen. Jede Entscheidung über eine Erweiterung der EU erfordert die einstimmige Unterstützung der derzeit 27 Mitgliedsländer. Laut einer im September veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage befürworten 56 Prozent der EU-Bürger eine Erweiterung. In Frankreich sind es allerdings nur 43 Prozent, in Schweden 79 Prozent. In Deutschland waren es 49 Prozent.
Quelle: ntv.de, jpe/rts