Entwurf für Gipfel-Treffen EU will sich von russischer Energie lösen
07.03.2022, 23:22 Uhr
Bei ihrem Treffen in Versailles wollen die Staats- und Regierungschefs der EU die Abkehr von russischen Gas-, Öl- und Kohle-Importen einläuten. Doch ein Entwurf für den Gipfel bleibt hinter Forderungen aus der Ukraine zurück. Italien kündigt bereits eine deutliche Reduzierung seiner Einfuhren an.
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder werden sich bei ihrem Treffen am Donnerstag voraussichtlich für eine schrittweise Unabhängigkeit der EU von Russland bei der Energieversorgung aussprechen. Die 27 Mitgliedstaaten wollten die "Abhängigkeit von russischen Gas-, Öl- und Kohleimporten schrittweise abbauen", heißt es in einem Entwurf für die gemeinsame Erklärung. In dem Papier bleiben sie hinter Forderungen Kiews und Washingtons zurück, sich rasch von Russland als Energie-Lieferanten zu trennen.
Bei dem Treffen am Donnerstag und Freitag in Versailles sollen zudem die gemeinsame Verteidigung sowie der Antrag der Ukraine auf eine EU-Mitgliedschaft Thema sein. Weiter soll besprochen werden, wie die EU unabhängiger von Importen von Mikrochips und Pharmazeutika sowie Lebensmittel werden kann.
Darüber hinaus könnten die westlichen Verbündeten eine weitere Welle von Sanktionen gegen Russland vorbereiten, bei denen der Energie-Sektor des Landes als der beste Hebel gilt, die Daumenschrauben weiter anzuziehen. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Sonntag, dass sowohl die USA als auch Europa "sehr aktiv diskutieren", bei einer Verschärfung des Krieges Russlands fossile Brennstoffe ins Visier zu nehmen.
Italien will Hälfte der Gas-Importe ersetzen
Derweil kündigte EU-Mitglied Italien an, es wolle bis zur Jahresmitte etwa die Hälfte seiner derzeitigen Gas-Importe aus Russland durch andere Quellen ersetzen. Das sagte der Minister für ökologischen Wandel, Roberto Cingolani, dem italienischen Staatsfernsehen. Italien importiert mehr als 90 Prozent seines Erdgases. Im vergangenen Jahr machte russisches Gas etwa 40 Prozent dieser Einfuhren aus. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz betonte derweil die noch große Bedeutung von Energielieferungen aus Russland. "Die Versorgung Europas mit Energie" könne "im Moment nicht anders gesichert werden".
Die EU insgesamt bezieht gegenwärtig 45 Prozent ihres importierten Erdgases aus Russland, zusammen mit einem Drittel seines Öls und fast die Hälfte der Kohle. Entsprechend schwierig dürfte der Ausstieg werden. Der Ukraine-Krieg habe die Lage jedoch grundlegend verändert, heißt es in dem Entwurf: "Der russische Angriffskrieg stellt eine tektonische Verschiebung in der europäischen Geschichte dar."
Unter anderem soll durch Flüssig-Erdgas (LNG), Biogas und Wasserstoff die Energieversorgung auf eine breitere Basis gestellt werden. Auch der Ausbau erneuerbarer Energien soll vorangetrieben werden. Die europäischen Strom- und Gas-Netzwerke sollen zudem stärker verzahnt werden, um Ressourcen besser auszunutzen und die Ausfallsicherheit zu erhöhen.
Quelle: ntv.de, mbe/rts/AFP