Politik

Polizei gerät "außer Kontrolle" Ein Schuss bringt Hongkonger in Rage

Hunderte Demonstranten gingen nach dem Schuss auf einen ihrer Mitstreiter auf die Straße.

Hunderte Demonstranten gingen nach dem Schuss auf einen ihrer Mitstreiter auf die Straße.

(Foto: REUTERS)

In einem turbulenten Kampf zwischen einer Gruppe von Demonstranten und Polizisten geht ein junger Mann mit einer Stange auf einen der Beamten los. Diese feuert einen Schuss auf den 18-Jährigen ab. Der Vorfall sorgt am Tag danach für Proteste in Hongkong.

Nach einem Schuss auf einen jungen Demonstranten haben sich die Fronten zwischen der Hongkonger Demokratiebewegung und der Polizei weiter verhärtet. Hunderte Demonstranten versammelten sich im Laufe des Tages im Zentrum der chinesischen Sonderverwaltungszone, um gegen den Vorfall vom Vortag zu protestieren. Auch in mehreren Schulen wurde zu Protestaktionen aufgerufen. Die Polizei sei "außer Kontrolle geraten", hieß es in einem Schreiben des pro-demokratischen Lagers, das die Gewalt der Beamten scharf verurteilte.

Der 18 Jahre alte Schüler war am Dienstag bei schweren Zusammenstößen von einem Polizisten angeschossen worden. Es war das erste Mal, dass ein Demonstrant in den seit Monaten anhaltenden Protesten von scharfer Munition verletzt wurde. Der junge Mann sei in einem "stabilen Zustand", teilte die Krankenhausbehörde mit. Wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" berichtete, wurde bei einer Operation ein Projektil aus seiner Brust entfernt.

Auf einem in sozialen Netzwerken geteilten Video war eine turbulente Kampfszene zwischen einer Gruppe von Demonstranten und Polizisten zu sehen. Der junge Mann ging mit einer Stange auf einen der Beamten los, daraufhin feuerte er aus nächster Nähe aus seinem Revolver. Der Demonstrant ging zu Boden. Die Polizei teilte mit, sie bedauere, dass der Schüler verletzt worden sei. Der Beamte, der den Schuss abgab, fürchtete demnach um sein Leben und das seiner Kollegen.

Tränengas, Schlagstöcke, Gummigeschosse und Wasserwerfer

Insgesamt wurden bei den schweren Protesten am Vortag 104 Menschen verletzt, wie die Krankenhausbehörde mitteilte. Zwei von ihnen waren demnach noch in einem kritischen Zustand. Zeitgleich mit den Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag der Volksrepublik China waren am Dienstag Zehntausende Demonstranten zunächst friedlich durch die Straßen der chinesischen Sonderverwaltungszone gezogen.

Danach kam es an mehreren Orten in der Stadt zu schweren Ausschreitungen. Die Polizei verurteilte in einer anschließenden Mitteilung die Gewalt scharf. Demnach wurden 269 Demonstranten festgenommen. Aktivisten hatten Straßen blockiert, warfen Pflastersteine, legten Feuer und warfen Brandsätze. Die Beamten setzten Tränengas, Schlagstöcke, Gummigeschosse und Wasserwerfer ein.

Die Demonstranten fordern eine unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt bei den seit fünf Monaten andauernden Protesten, einen Straferlass für die mehr als 1500 bisher Festgenommenen, eine Rücknahme der Einstufung ihrer Proteste als "Aufruhr" sowie freie Wahlen.

Immer mehr Touristen bleiben Metropole fern

Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong mit einem eigenen Grundgesetz autonom regiert. Die Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik - mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten.

Die andauernden Proteste brocken den örtlichen Einzelhändlern die größten Umsatzeinbußen seit Jahrzehnten ein. Ihre Erlöse fielen im August den achten Monat in Folge und binnen Jahresfrist um 23 Prozent, wie aus aktuellen Regierungsdaten hervorgeht. Ein fast ähnlich hohes Minus hatte es zuletzt 1998 gegeben.

"Bei den Einzelhandelsumsätzen wird es voraussichtlich in naher Zukunft bei der Flaute bleiben, da die verschlechterten wirtschaftlichen Aussichten und die gewaltsamen Proteste weiterhin die Verbraucherstimmung und den einreisenden Tourismus belasten", sagte ein Regierungssprecher. Die Zahl der ankommenden Urlauber sank nach Angaben der Hongkonger Tourismusbehörde im August um 39 Prozent.

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts

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