Politik

Ende eines seltsamen Verfahrens Eine Trophäe für Sebastian Edathy

56351537.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Kinderporno-Verfahren gegen den Ex-Abgeordneten Edathy ist fast so verlaufen, wie es in solchen Fällen üblich ist. Doch auch noch danach streiten beide Seiten erbittert um vermeintliche Kleinigkeiten.

Während der Vorsitzende Richter die Aussage des Angeklagten zu Protokoll nimmt, kommt aus dem Zuschauerraum ein Gemurmel, das immer lauter wird. Eine Frau beschwert sich darüber, dass sie in diesem Verfahren nicht gehört wird. Sie habe Erkenntnisse, die "den Ausgang des Verfahrens beeinflussen können", sagt sie. Richter Jürgen Seifert gibt ihr viel Zeit, droht letztlich aber doch an, sie aus dem Raum werfen zu lassen. "Dann muss ich das Gericht verklagen", sagt die Frau und redet weiter. Sie habe 1500 Euro in bar dabei, die eine Belohnung sein sollen für denjenigen, der den verschwundenen Laptop des Angeklagten findet. Es ist der verzweifelte Versuch einer offensichtlich Unbeteiligten, die Strafe gegen Edathy zu erhöhen. Schließlich lässt sie der Richter aus dem Saal führen.

Später kommentiert eine Sprecherin des Gerichts die Szene: Es habe in diesem Fall Beobachter gegeben, die Sebastian Edathy für unschuldig halten und solche, die sich nur mit der höchstmöglichen Strafe zufriedengegeben hätten. Dabei ist dieser Fall strafrechtlich gesehen geradezu langweilig. Ein Mann lädt sich eine Handvoll Videos auf seinen Computer, besitzt einen Bildband und eine CD mit kinder- und jugendpornografischem Material. Das ist kein Kavaliersdelikt, wie der Richter klarstellt. Die dargestellten Kinder werden in ihrer Würde und in ihrer Schutzbedürftigkeit erheblich geschädigt. Und der Grund dafür sei, dass die Konsumenten dieser Filme einen Markt schaffen.

Das alles ist schlimm, aber leider keine Ausnahme. Fälle wie dieser werden wahrscheinlich jeden Monat an deutschen Gerichten verhandelt. Der Staat hat sich längst festgelegt, wie er damit umgeht: Wer Kinderpornografie herstellt, soll hart bestraft werden. Wer dem schrecklichen Drang der Pädophilie nicht widerstehen kann, dessen gesellschaftliche Existenz will die Justiz nicht zerstören. Eine Strafe von 5000 Euro hielt darum auch die Staatsanwaltschaft für angemessen. Da Edathy die Summe akzeptiert, konnte er sie schon vorab zahlen und einer weiteren Verhandlung inklusive Beweisaufnahme entgehen. Ein solches Vorgehen ist in Fällen wie diesem die Regel.

Kein gewöhnliches Verfahren

Und doch gab es einen gravierenden Unterschied im Vergleich zu anderen Verfahren: Keine der Seiten konnte ignorieren, dass die Ermittlungen einen bundesweiten Skandal ausgelöst hatten, der den Rücktritt eines Innenministers zur Folge hatte und bis heute die SPD schwer belastet. Der Staatsanwaltschaft ging es nach Einschätzung vieler Beobachter darum, eine Trophäe aus diesem Verfahren mitzunehmen. Spätestens seit gegen Staatsanwalt Frank Lüttig wegen Geheimnisverrats auch im Fall Edathy ermittelt wird, steht die Behörde unter Druck. Auf der anderen Seite sah sich der Angeklagte Edathy erstens durch die öffentliche Ächtung schon gestraft genug, zweitens bezweifelte er, dass er angesichts der vielen Durchstechereien ein faires Verfahren erwarten könne.

Diese Befindlichkeiten waren der Grund, warum es überhaupt einen zweiten Verhandlungstag geben musste. Im Prinzip waren sich nämlich beiden Seiten von vornherein einig, dass ein Schuldeingeständnis und die Zahlung eines mittleren fünfstelligen Betrags ein angemessenes Ende des Prozesses bilden könnten.

Der Staatsanwalt tritt nach

Der Streit um Trophäen und öffentliche Ächtung ging allerdings auch noch weiter, als die Einstellung des Verfahrens schon beschlossene Sache war. Staatsanwalt Thomas Klinge wollte die Frage klären, welche der beschlagnahmten Materialien Edathy zurückerhalten wolle. Dass der besagte Bildband und die besagte CD nicht dazugehören würden, hätte er sich denken können – sonst würde sich Edathy abermals strafbar machen. Allerdings gibt es weitere Medien, von denen die Öffentlichkeit bislang nichts wusste. Bevor Edathys Verteidiger einschreiten konnte, nannte der Staatsanwalt zwei Titel von FKK-Büchern. Wirklich notwendig wäre das nicht gewesen, eher wollte der Staatsanwalt nachtreten, indem er noch mehr Details aus den Ermittlungen in die Öffentlichkeit bringt. Weder die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, noch Edathys Anwalt Christian Noll wollten das im Nachhinein kommentieren.

Vor den TV-Kameras gab Noll nur ein vorbereitetes Statement ab, Nachfragen ließ er nicht zu. Er betonte, dass Edathy zwar einen Fehler eingestanden, dass er aber weiterhin als unschuldig zu gelten habe – schließlich sei er nicht verurteilt. In Edathys Erklärung heißt es lediglich, er habe die Medien besessen, der Inhalt sei ihm bekannt gewesen und er habe einen Fehler gemacht, den er bereue. Ob sich nun Jugend- und Kinderpornografie auf den genannten Medien befinden und worin der eingestandene Fehler genau bestand, dazu äußerte er sich nicht. "Mein Mandant hat insbesondere nicht eingeräumt, kinder- und jugendpornografisches Material besessen zu haben", so Noll.

Quelle: ntv.de

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen