Politik

Klage gegen EuroclearEingefrorenes Vermögen: Moskau stemmt sich gegen EU-Plan

12.12.2025, 10:41 Uhr
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Ungarns Ministerpräsident Orbán argumentiert in der Sache im Sinne Moskaus. (Foto: via REUTERS)

Die Entscheidung steht bevor: Kann die Ukraine bald noch stärker von eingefrorenem russischem Vermögen profitieren? Moskau stellt sich nun mit einer Klage dagegen. Ungarns Ministerpräsident sieht ein Überschreiten des "Rubikon".

Die russische Zentralbank verklagt nach eigenen Angaben Euroclear vor einem Moskauer Gericht. Bei dem Finanzdienstleister in Belgien lagert ein Großteil der in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte. Die russische Zentralbank begründete ihre Klage mit dem Vorwurf, ihr sei durch Euroclears Vorgehen ein Schaden entstanden, da sie nicht über Gelder und Wertpapiere verfügen könne, die ihr gehörten. Die Zentralbank bezeichnet zudem "Mechanismen zur direkten oder indirekten Nutzung" ihrer Vermögenswerte sowie jede andere Form deren unbefugter Nutzung als illegal und dem Völkerrecht widersprechend. In der EU wird unter anderem erwogen, die eingefrorenen Mittel zu verwenden, um den Wiederaufbau in der Ukraine über einen Kredit zu unterstützen. Seit Längerem profitiert die Ukraine bereits von Zinsenerträgen aus den eingefrorenen Vermögen.

Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der CDU, geht im Frühstart von ntv und RTL davon aus, dass die EU sich darauf einigen wird, russisches Vermögen für Reparationsdarlehen zu nutzen. "Es geht natürlich vor allem um Belgien, weil Belgien hat ja diese Assets und muss Sicherheit dafür haben, dass es nicht in irgendeiner Weise in den besonderen Fokus kommt", sagte Hardt. Deswegen seien Kanzler Merz und die EU aktuell sehr bemüht, eine Einigung mit Belgien zu erzielen. "Ich gehe davon aus, dass das nächste Woche auf dem Europäischen Rat am 18. und 19. Dezember gelingen kann, diese Assets zu beleihen", erklärte der CDU-Politiker.

Belgische Bedenken

Bundeskanzler Merz hatte mit dem belgischen Ministerpräsidenten Bart de Wever und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vereinbart, ihren Austausch über das eingefrorene russische Vermögen mit dem Ziel fortzusetzen, bis zum Europäischen Rat am 18. Dezember eine einvernehmliche Lösung zu finden. Die belgische Regierung blockiert den Plan bislang mit Verweis auf rechtliche und finanzielle Risiken. So sieht sie unter anderem die Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und Unternehmen übt und etwa Enteignungen in Russland vornimmt.

In einem ersten Schritt haben sich Deutschland und andere EU-Staaten bereits darauf verständigt, per Mehrheitsentscheidung eine rechtliche Grundlage zur Nutzung von russischem Staatsvermögen für die Ukraine zu schaffen. Demnach soll in einem ersten Schritt beschlossen werden, eine Rückübertragung von in der EU festgesetzten Mitteln nach Russland unbefristet zu verbieten, wie die dänische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Konkret geht es dabei vor allem darum, zu verhindern, dass ein Land wie Ungarn mit einem Veto gegen EU-Sanktionsbeschlüsse, die immer wieder einstimmig verlängert werden müssen, die Freigabe der eingefrorenen Mittel veranlassen kann.

Orbán: Vorgang "rechtswidrig"

Um das russische Geld unbefristet festzusetzen, berufen sich Deutschland und die anderen EU-Staaten nun auf Artikel 122 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. In ihm ist festgelegt, dass bei gravierenden Wirtschaftsschwierigkeiten mit sogenannter qualifizierter Mehrheit angemessene Maßnahmen beschlossen werden können. Die Verordnung soll formell in einem schriftlichen Verfahren angenommen werden, das am heutigen Freitag um 17 Uhr endet.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bezeichnet Pläne, die Mittel auf unbestimmte Zeit per Mehrheitsentscheidung festzusetzen, als "rechtswidrig". "Brüssel wird heute den Rubikon überschreiten", kritisiert Orban in einem Facebook-Beitrag. Dies werde der Union irreparablen Schaden zufügen.

CDU-Außenpolitiker Hardt sieht die Nutzung russischen Vermögens für Reparationsdarlehen als "Signal an die Ukraine: 'Wenn ihr der Meinung seid, einen wie auch immer gearteten Friedensplan nicht akzeptieren zu können, weil es aus eurer Sicht eine Kapitulation des Landes vor Russland ist, dann könnt ihr euch darauf verlassen, dass ihr weiterhin Unterstützung aus der Europäischen Union, aus der EU, von den Staaten Europas, die zu dieser Koalition der Willigen gehören, bekommt.'", so Hardt im Frühstart von ntv und RTL. Das sei für die Verhandlungsposition der Ukraine eine "wichtige Stärkung".

Die nun erfolgte Klage in Moskau wird von Experten als erster Schritt Russlands gesehen, um Gegenmaßnahmen gegen noch vorhandenes europäisches Kapital im eigenen Land zu ergreifen. Dmitri Grigorijani vom russischen Stolypin-Wirtschaftsinstitut fügte hinzu: "Vor Gericht zu gewinnen, ist aber nur die halbe Miete, man muss das Geld auch bekommen." Grigorijanis Angaben nach gibt es Euroclear-Vermögen in Russland. Das Geld liege jedoch vor allem auf gesperrten Konten. Über die Höhe machte er keine Angaben, Medienberichten zufolge sind es knapp 16 Milliarden Euro.

Quelle: ntv.de, mpe/dpa/rts

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