Wahlkampfauftakt in Ankara Erdogan umwirbt Türken mit großen Versprechen
11.04.2023, 20:47 Uhr Artikel anhören
Will die türkische Inflation von zuletzt 50 Prozent auf einen einstelligen Wert drücken: Das Rezept dafür verrät Erdogan beim Wahlkampfauftakt in Ankara allerdings nicht.
(Foto: via REUTERS)
Nach zwanzig Jahren an der Macht muss der türkische Präsident Erdogan um seine Wiederwahl bangen. Zum Wahlkampfauftakt ist der Druck so groß, dass er sogar Fehler im Präsidialsystem einräumt. Die Opposition verspricht mehr Demokratie.
Im Kampf um seine Wiederwahl hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Türken zahlreiche Erleichterungen versprochen. Zum Wahlkampfauftakt seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara stellte der 69-Jährige den Bürgern Energiesubventionen, Gehaltserhöhungen und Steuersenkungen in Aussicht. Die Gehälter von Beamten sowie Renten würden regelmäßig über das Niveau der Inflation erhöht, behauptete er. Die Inflation, die in Erdogans Amtszeit massiv gestiegen ist und derzeit bei 50 Prozent liegt, werde er auf eine einstellige Prozentzahl senken. Wie er das erreichen möchte, sagte Erdogan nicht.
Die Wahlen am 14. Mai gelten als Bewährungsprobe für Erdogan, der seit 20 Jahren an der Macht ist. Die Türkei kämpft neben massiver Inflation mit hoher Arbeitslosigkeit. Nach den schweren Erdbeben Anfang Februar war zudem Kritik am Krisenmanagement der Regierung laut geworden. Umfragen zufolge muss Erdogan um seine Wiederwahl bangen.
Erdogan hat seit Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Jahren weitreichende Befugnisse. Bei dem Auftritt in Ankara verbat er sich Kritik am System, räumte aber indirekt auch Mängel ein. Man werde das Präsidialsystem "restaurieren", sagte er. Aussichtsreichster von drei Gegenkandidaten ist der Chef der Mitte-Links Partei CHP, Kemal Kilicdaroglu. Der 74-Jährige tritt für ein breites Oppositionsbündnis unterschiedlicher politischer Lager an.
Herausforderer hält eine Zwiebel in die Kamera
Kilicdaroglu hatte Erdogan vor kurzem vorgeworfen, realitätsfern zu sein. In einem Wahlkampf-Video hielt er eine Zwiebel in die Kamera und sagte: "Das steht auf der Tagesordnung unser Bürger." Zwiebeln waren in der Türkei zuletzt besonders teuer. Wenn er an die Macht komme, werde er das Land demokratisieren und für neue Investitionen sorgen, versprach Kilicdaroglu.
Sowohl die Regierung als auch die Opposition versprechen den schnellen Aufbau der Erdbebenregion. Bei zwei schweren Erdbeben am 6. Februar waren in der Südosttürkei mehr als 50.000 Menschen ums Leben gekommen. Millionen Menschen sind obdachlos. Wegen der großen Zerstörung finden die Wahlen in den betroffenen Provinzen unter erschwerten Bedingungen statt, sagte der Vorsitzende der unabhängigen Beobachterorganisation Oy ve Ötesi (Stimmen und mehr), Ertim Orkun. Die Sorge um Wahlbetrug teile er aber nicht. "Die Sicherheit der Wahl liegt in unseren Händen", sagte Orkun. Wenn an jeder Urne Beobachter seien, um den Prozess zu verfolgen, gebe es keinen Spielraum für Betrug.
Nach Angaben der Wahlbehörde haben sich etwa 100.000 Betroffene in den Erdbebenregionen in anderen Provinzen für die Wahl registriert. Hunderttausende haben die Erdbebenregion verlassen. Wie viele zur Wahl am 14. Mai in ihre Heimatregion zurückkehren, ist unklar. Rund 60,9 Menschen sind nach offiziellen Angaben in der Türkei wahlberechtigt, weitere rund 3,3 Millionen im Ausland. Türken im Ausland können schon ab dem 27. April ihre Stimme abgeben.
Quelle: ntv.de, mau/dpa