Politik

Bodenoffensive gegen YPG geplant Erdogan würde Assad treffen

Seit Monaten droht Erdogan mit einem Einmarsch in das autonome Kurdengebiet Rojava in Nordsyrien. In den Monaten vor der türkischen Präsidentschaftswahl könnte er sein Vorhaben umsetzen.

Seit Monaten droht Erdogan mit einem Einmarsch in das autonome Kurdengebiet Rojava in Nordsyrien. In den Monaten vor der türkischen Präsidentschaftswahl könnte er sein Vorhaben umsetzen.

(Foto: IMAGO/Xinhua)

Bis vor Kurzem inszeniert sich der türkische Präsident Erdogan als klarer Gegner des syrischen Machthabers Assad, der unter anderem von Russland unterstützt wird. Jetzt denkt er laut über eine Annäherung nach. Auf sein Vorgehen gegen kurdische Stellungen in Nordsyrien hat das keinen Einfluss.

Wenige Tage nach Beginn einer Luftoffensive gegen kurdische Milizen zieht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Treffen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in Betracht. "Ein Treffen mit Assad ist möglich. In der Politik gibt es keinen Groll und keine Verbitterung", sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Bereits im August hatte er sich für eine Aussöhnung zwischen der syrischen Opposition und den Anhängern von Machthaber Assad ausgesprochen - was von vielen als Kehrtwende in Erdogans Haltung zu Assad gesehen wurde. Die Türkei hatte unter Erdogan die diplomatischen Beziehungen zu Damaskus aufgekündigt. Nach mehr als elf Jahren Bürgerkrieg kontrollieren die Anhänger von Assad wieder rund zwei Drittel des Landes. Der Machthaber wird unter anderem von Russland und dem Iran unterstützt.

Auf eine Entspannung in Nordsyrien ließ Erdogan hingegen nicht hoffen. Die Türkei sei entschlossener denn je, ihre komplette Südgrenze, mit einer "Sicherheitslinie" für Angriffe zu schließen. Die Idee ist nicht neu. Bereits bei einem Militäreinsatz gegen die die syrische Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien 2019 wollte die Türkei entlang ihrer Grenze eine Zone schaffen, aus der sich alle Kurdenmilizen zurückziehen sollen. Aus Sicht der Türkei soll sich diese rund 30 Kilometer tiefe Zone vom Euphrat-Fluss aus ostwärts über mehr als 400 Kilometer bis an die irakische Grenze erstrecken. "Die Operationen, die wir mit unseren Flugzeugen, Kanonen und bewaffneten Drohnen führen, sind erst der Anfang", sagte Erdogan am Mittwoch bei einer Rede vor Parteimitgliedern. An dem "günstigsten Zeitpunkt" wolle man auch auf dem Boden "den Terroristen auf die Pelle rücken". Erdogan hatte bereits zuvor die Möglichkeit einer Bodenoffensive gegen kurdische Stellungen in Betracht gezogen.

Granateinschläge bei Flüchtlingslager

Seine Luftschläge hat das türkische Militär derweil auch am vierten Tag in Folge fortgesetzt. Bei Drohnenattacken auf kurdische Stellungen im Norden Syriens wurde ein kurdischer Kämpfer getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch meldete. Der Mann starb demnach bei einem Angriff auf ein Verbindungsbüro der von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), das sich auf einem russischen Stützpunkt befindet. Dabei seien auch drei kurdische Kämpfer sowie ein russischer Soldat verletzt worden. Aus Russland gab es dazu zunächst keinen Kommentar.

Den Aktivisten zufolge wurden auch mehrere Öl- und Gasanlagen in Nordsyrien von türkischen Drohnen getroffen. Sechs Arbeiter sollen dabei verletzt worden sein. Weiterhin seien türkische Granaten in der Nähe eines Gefängnisses in der Stadt Al-Kamischli eingeschlagen, in dem auch Anhänger der Terrorgruppe IS sitzen. Auch Außenbreiche des berüchtigten Flüchtlingslagers Al-Hol, in dem auch Tausende frühere Anhänger des IS leben, seien getroffen worden. Einige Frauen versuchten den Angaben nach, aus dem Camp zu entkommen.

Auf türkischem Territorium schlugen nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu erneut Geschosse ein. Drei Raketen seien aus Nordsyrien von kurdischen Milizen abgefeuert worden und in der südosttürkischen Provinz Kilis eingeschlagen. Verletzte habe es nicht gegeben. Bei vorangegangenen Angriffen waren türkischen Angaben zufolge drei Menschen getötet worden.

Nach Angaben der SDF wurden bislang auch 15 Zivilisten getötet. Die Syrischen Demokratischen Kräfte forderten in einer Erklärung die Schlüsselmächte des Syrien-Kriegs auf, eine klare Haltung zu beziehen. Ihre Haltung scheine nicht im Rahmen von Freundschaft und Partnerschaft zu liegen, monierte die SDF wohl mit Blick auf die USA. Washington hatte sich bislang zwar besorgt über die Angriffe geäußert, aber auch Verständnis für die terroristische Bedrohungslage der Türkei gezeigt.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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