Zehntausende wären betroffen FDP fordert Ende des subsidiären Schutzes für Syrer und Afghanen
20.06.2024, 20:20 Uhr Artikel anhören
Die meisten nach Deutschland kommenden Syrer erhalten keinen Status als Flüchtlinge, sondern nur sogenannten subsidiären Schutz. Bei Afghanen ist es ähnlich. Die FDP fordert, diese Menschen abzuschieben. Es wäre ein drastischer Kurswechsel.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat sich dafür ausgesprochen, nicht nur Straftäter nach Syrien und Afghanistan abzuschieben. "Aus meiner Sicht sind Abschiebungen sowohl nach Afghanistan als auch nach Syrien möglich", sagte Djir-Sarai im Interview mit ntv. Es sei aus seiner Sicht auch notwendig, "Verhandlungen mit diesen Staaten aufzunehmen". Möglich wäre aber auch die Abschiebung über Usbekistan.
Djir-Sarai sagte, es gebe nicht "den einen Knopf" in der Migrationspolitik, der alle Probleme löse. "Es sind verschiedene Maßnahmen, es sind verschiedene Instrumente notwendig." Ein Instrument sei, "dass man erfolgreich abschiebt".
Die Lage in Afghanistan unter den Taliban sei sicherer als vor einigen Jahren. "Wir finden das schrecklich, dass diese Leute an der Macht sind, aber in Afghanistan herrscht in dem Sinne nicht mehr die Unsicherheit", die früher dort existiert habe. "Wir können heute nach Afghanistan abschieben." Ähnliches gelte für Syrien: In bestimmte Regionen des Landes könne man abschieben.
Zehntausende wären betroffen
In einem weiteren Interview mit RTL erläuterte Djir-Sarai, da die Kriege in Afghanistan und Syrien beendet seien, sei "ein subsidiärer Schutz nicht mehr zeitgemäß". Subsidiär schutzberechtigt sind Personen, denen weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt wird, denen in ihrem Heimatland aber ernsthafter Schaden drohen könnte, wie es im Asylgesetz heißt: etwa durch Krieg, Folter oder die Todesstrafe.
Eine Abschaffung des subsidiären Schutzes träfe einen Großteil der in Deutschland lebenden Syrer und Afghanen: In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden rund 3300 Syrer als Flüchtlinge anerkannt, zugleich erhielten 34.000 nur subsidiären Schutz. Im selben Zeitraum wurden knapp 7400 Afghanen als Flüchtlinge anerkannt, 358 bekamen subsidiären Schutz. Bei mehr als 7200 Afghanen wurde allerdings lediglich ein Abschiebungsverbot ausgesprochen.
Djir-Sarai sagte, man müsse prüfen, was rechtlich möglich sei und zu welchem Zeitpunkt bestimmte Menschen nach Deutschland gekommen seien. "Mit Blick auf die heutige Situation und mit Blick auf die Zukunft kann man aus meiner Sicht heute schon sagen, dass es durchaus möglich ist, Menschen in diese Region wieder zurückzuschicken und das muss auch das Ziel sein."
"Desolate Sicherheitslage"
Experten bezweifeln, dass Syrien und Afghanistan sicher genug sind, um dorthin abzuschieben. Ein Bericht der wissenschaftlichen Dienste des Bundestags vom März spricht von "der desolaten Sicherheitslage und der vielerorts prekären humanitären Lage in Syrien und Afghanistan". Diese Situation dürfte "etwaigen Abschiebungen in diese Staaten regelmäßig entgegenstehen", heißt es dort im Fazit.
CSU-Chef Markus Söder hatte vor knapp zwei Wochen gefordert, den subsidiären Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien abzuschaffen. Vor der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag bekräftigte Söder diese Position. Zu viele Menschen, die aus Syrien oder Afghanistan nach Deutschland kämen, erhielten über den subsidiären Schutz "Blankoschecks", sagte er am Morgen im Deutschlandfunk.
Djir-Sarai sagte RTL mit Blick auf Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien, aus seiner Sicht wäre es "möglich, jetzt schon mit diesen Staaten diplomatische Beziehungen aufzunehmen". Auch dies wäre ein drastischer Kurswechsel: Wie die meisten westlichen Länder unterhält Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zu Syrien. In Übereinstimmung mit einem Großteil der internationalen Gemeinschaft hat die Bundesregierung auch das Taliban-Regime nicht als legitime Regierung Afghanistans anerkannt. Derzeit sind Russland und China dabei, ihre Haltung zu den Taliban zu lockern, aber bislang unterhalten auch sie keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu den Machthabern in Kabul.
Für Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan müsse es jedoch keine Aufnahme diplomatischer Beziehungen geben, sagte Djir-Sarai, "denn man kann tatsächlich über andere Staaten diesen Weg gehen", so der FDP-Politiker. Berichten zufolge führt das Bundesinnenministerium entsprechende Gespräche mit Usbekistan.
Quelle: ntv.de, hvo