Ersatz für die Balkanroute Flüchtlinge kommen über Kreta
01.06.2016, 13:23 Uhr
Mit der Fahrt über das Mittelmeer riskieren Flüchtlinge ihr Leben - mehr als 2400 gelten nach Schätzungen 2016 als vermisst oder tot.
(Foto: picture alliance / dpa)
Über die Balkanroute kommen Hunderttausende Menschen nach Europa. Nachdem die angrenzenden EU-Staaten diesen Weg abriegeln, suchen Flüchtlinge und Schlepper nach neuen Möglichkeiten - eine führt offenbar über Kreta.
Nach der Schließung der Balkanroute versuchen internationale Schleuserbanden offenbar zunehmend, Migranten aus der Türkei über Kreta nach Italien zu bringen. Dafür gebe es inzwischen mehrere Beweise, sagte ein Offizier der griechischen Küstenwache. Am Dienstag seien 113 Migranten aus verschiedenen Staaten des Nahen Ostens - darunter 33 Kinder - nach einer Havarie eines kleinen Schiffes an einem Strand auf Kreta angekommen.
Bereits am vergangenen Freitag hatte die griechische Küstenwache 65 Migranten gerettet, deren Boot östlich von Kreta in Seenot geraten war. Die Menschen gaben den Behörden zufolge an, sie seien in der Türkei gestartet. Schleuser hätten ihnen versprochen, sie nach Italien zu bringen.
Schleuserbanden am Werk
Zwei Männer wurden als mutmaßliche Schleuser festgenommen. Sie stammten aus Kroatien und Montenegro, teilte die Polizei auf Kreta mit. Ihre Herkunft zeigt nach Ansicht des Offiziers der Küstenwache, dass internationale Schleuserbanden am Werk sind. Die Schleuserbosse mit Sitz in der Türkei bräuchten erfahrene Seeleute, die die Routen von der Türkei nach Kreta und weiter bis nach Italien gut kennen.
Auf dem Mittelmeer hatte sich die Zahl von Flüchtlingsunglücken zuletzt wieder gehäuft. Vergangenen Mittwoch kamen möglicherweise mehr als 100 Menschen ums Leben, nachdem zwei Boote kenterten. In den Tagen zuvor hatte die italienische Küstenwache 10.000 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration sind dieses Jahr knapp 210.000 Flüchtlinge in Europa angekommen, fast 204.000 von ihnen über das Mittelmeer. Mehr als 2400 Menschen werden vermisst oder gelten als tot.
Quelle: ntv.de, chr/dpa