SPD-Pläne zu Arzthonoraren GKV erwartet höhere Krankenkassenbeiträge
30.01.2018, 10:42 Uhr
Lange Wartezeiten adé? - Auch eine einheitliche Gebührenordnung würde wohl keine Besserung bringen - zumindest sieht das die GKV so.
(Foto: imago/Westend61)
Die SPD setzt sich in den GroKo-Gesprächen für ein Ende der "Zwei-Klassen-Medizin" ein. Ein Schritt dahin: eine Angleichung der Arzthonorare für Kassen- und Privatpatienten. Das könnte aber höhere Beiträge bedeuten, warnt die GKV.
Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat Union und SPD vor einer Angleichung der Arzthonorare zu Lasten ihrer Beitragszahler gewarnt. "Die Einführung einer einheitlichen Honorarordnung würde 90 Prozent der Menschen in diesem Land derzeit keinerlei Vorteile bringen, aber die Privatversicherten entlasten", sagte der Vize-Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg. Experten gehen davon aus, dass durch eine einheitliche Gebührenordnung der Beitragssatz zur Krankenversicherung um durchschnittlich bis zu 0,6 Prozentpunkte auf dann 16 bis 16,2 Prozent vom Brutto steigen könnte.
CDU, CSU und SPD beraten am heutigen Dienstag zunächst wieder in Arbeitsgruppen über Detailfragen einzelner Fachbereiche. Am Abend tagt dann im Willy-Brandt-Haus die 15-köpfige Steuergruppe der Koalitionsverhandlungen unter Leitung der Parteivorsitzenden Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz. Neben dem Familiennachzug von Flüchtlingen wird unter anderem auch um den von den Sozialdemokraten verlangten Einstieg in das "Ende der Zwei-Klassen-Medizin" gerungen. Die SPD beharrt auf einer Angleichung der Arzthonorare für Privat- und Kassenpatienten.
Dagegen bestehen nach Einschätzung von Experten aber erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Eine einheitliche Gebührenordnung könnte zudem mit Europarecht kollidieren. Das geht aus einem Gutachten im Auftrag des Verbandes der Privaten Krankenversicherung und der Bundesärztekammer hervor. Zudem würden die beabsichtigten Effekte einer einheitlichen Gebührenordnung keinesfalls erreicht. Weder die "Zwei-Klassen-Medizin" noch die "Zwei-Klassen-Wartezeiten" oder der Ärztemangel auf dem Land ließen sich so beseitigen, heißt es in dem Gutachten von fünf führenden Gesundheitsökonomen weiter.
Sechs Milliarden Euro Mehrkosten
Stackelberg argumentierte, eine bloße Angleichung der Honorare ohne Anpassung der ärztlichen Leistungen würde vor allem bedeuten, dass die gesetzliche Krankenversicherung für die gleichen Leistungen mindestens sechs Milliarden Euro mehr bezahlen müsste. Und es gebe "keinen Grund anzunehmen, dass dies tatsächlich zu einer schnelleren Terminvergabe für gesetzlich Versicherte führen würde", sagte er an die Adresse der Unterhändler von Union und SPD. Deren Arbeitsgruppe Gesundheit war am Montag erstmals zu Beratungen zusammengekommen. Erwartungsgemäß große Übereinstimmungen soll es bereits im Bereich der Pflege gegeben haben. Die Nachbesserungswünsche der SPD etwa bei den Arzthonoraren seien dagegen noch nicht wirklich verhandelt worden. Sie dürften eher gegen Ende der Beratungen am kommenden Sonntag aufgerufen werden.
Gesundheitsminister Hermann Gröhe von der CDU lehnt die von der SPD geforderte Bürgerversicherung ebenso vehement ab wie einheitliche Arzthonorare. Gröhe hatte aber zuletzt gesagt: "Wir wollen weitere Verbesserungen für gesetzlich Versicherte, ob es um die Versorgung im ländlichen Raum oder einen schnelleren Zugang zum medizinischen Fortschritt geht. Außerdem wollen wir die Servicestellen zur besseren Vermittlung von Arztterminen stärken."
Stackelberg plädierte dafür, dass Landärzte besser vergütet werden. "Egal ob gesetzlich oder privat versichert - dass es auch in Zukunft genug Landärzte gibt, ist für alle Versicherten wichtig." Fehlanreize bei der Niederlassung von Ärzten müssten beseitigt werden. "Ärzte die in unterversorgten Gebieten arbeiten, sollen Vergütungszuschläge erhalten, die aus der Vergütung überversorgter Regionen derselben KV (Kassenärztlichen Vereinigung) in Form von Abschlägen finanziert werden", so Stackelberg. Im Übrigen sollte eine bevorzugte Vergabe von Terminen an Privatversicherte künftig als Verstoß gegen die Pflichten eines Kassen-Arztes gelten und von den Kassenärztlichen Vereinigungen sanktioniert werden.
Quelle: ntv.de, mba/dpa