Politik

Fans rufen: "Scheiß auf Krieg" Russische Punkband verurteilt Umgang mit 13-jährigem Mädchen

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Ein Wesensmerkmal des Punk ist Protest gegen Politik und Gesellschaft. So auch am Samstag in Moskau. Da zelebriert die russische Band "Naive" ihren 35. Geburtstag. Frontmann Ivanov erinnert an den Fall der 13-jährigen Maria, die für ein Antikriegsbild in ein Kinderheim kam.

Eigentlich feierte die russische Punkband "Naive" am Samstagabend im Club 1930 Moscow ihr 35-jähriges Band-Bestehen. Allerdings rückte das freudige Ereignis für einen Moment in den Hintergrund: Frontmann und Sänger Alexander "Chacha" Ivanov trat laut eines Berichts des russischen Exil-Mediums "Mediazona" ans Mikrofon und trug dabei ein T-Shirt mit dem Namen "Masha Moskaleva" als Aufschrift. Das 13-jährige Mädchen und ihr Vater hatten in Russland zuletzt für viel Aufsehen gesorgt.

Sichtlicht bewegt wandte sich Ivanov an die Fans. Er sagte, er habe versucht, das Thema zu verdrängen, aber er konnte es nicht. Der Fall Maria Moskaljow (Masha ist im Russischen eine Verniedlichung für Maria) lasse ihn aus irgendeinem Grund nicht los. Ivanov erklärte, dass seine eigene Tochter im ähnlichen Alter wie Maria ist und forderte die Fans auf, den Fall zu googeln. "Seid entsetzt, was Maria und ihrer Familie passiert ist", so Ivanov. Seine Ansprache endete mit den Worten "wegen eines Bildes, das sie im Kunstunterricht gemalt hat". Die Fans skandierten "Scheiß auf den Krieg" - und Ivanov nickte.

Der Fall der Familie Moskaljow in der Stadt Jefremow, rund 300 Kilometer südlich von Moskau, beschäftigte zuletzt Gerichte und Behörden. Zunächst zeichnete Maria im Kunstunterricht ein Bild, auf dem sie sich für ein Ende der russischen Invasion der Ukraine aussprach. Die Konsequenz war nicht nur, dass die Schulleiterin die Polizei rief, sondern auch, dass Marias Vater Alexej ins Visier der Ermittler geriet. Dabei fiel auf, dass auch er sich in sozialen Medien mehrfach kritisch über den russischen Krieg in der Ukraine sowie über das russische Militär geäußert hatte.

Vater wird in Belarus verhaftet

Zunächst wurde Alexej von Maria getrennt, er kam in Hausarrest, sie in ein Kinderheim. Kurze Zeit später wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt. Noch vor Verkündung des Urteils floh Alexej Moskaljow aus dem Hausarrest, wurde dann allerdings Ende März im belarussischen Minsk festgenommen. Vor wenigen Tagen teilte das Innenministerium von Belarus mit, dass er an Russland ausgeliefert werden soll. Maria wurde mittlerweile von ihrer Mutter aus dem Kinderheim abgeholt, anfangs lehnte die 13-Jährige dies noch ab.

Seit Beginn der Invasion hat Russland sein Vorgehen gegen Oppositionelle und Menschen, die sich kritisch zur Politik des Landes äußern, deutlich verschärft. Vor allem die Verunglimpfung des Militärs oder der Invasion der Ukraine - die in Russland nach wie vor "militärische Spezialoperation" genannt wird- sind unter Strafe gestellt. Teils müssen Menschen, die angeblich gegen das Gesetz verstoßen, mit empfindlichen Gefängnisstrafen rechnen.

Die Punkband "Naive" gehört in Russland zu den bekanntesten und erfolgreichsten ihres Genres. Sie ist zudem die erste Punkband ihres Landes, die in den USA ein Album veröffentlicht hat. Die Band erhielt Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre aufgrund ihrer kritischen und antikommunistischen Haltung keine Ausreisegenehmigung. Später durften die Musiker ausreisen, die Mitglieder lebten dann einige Zeit in den USA. Anfang April wurden noch Konzerte ihrer Jubiläumstour in Russland abgesagt. Als Grund wurde die "Denunziation von Abgeordneten der Staatsduma" genannt. Am Samstag in Moskau durften "Naive" aber auftreten, und Frontmann Alexander Ivanov konnte die ihm so wichtige Botschaft den Fans überbringen.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 17. April 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, als

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