Vorgehen der Behörden bemängeltGericht verurteilt Georgien nach Polizeigewalt bei Protest

Der Besuch einer russischen Delegation in Georgien löst im Juni 2019 Unruhen in der Hauptstadt Tiflis aus. Bei einem Protest werden viele Menschen durch Polizisten verletzt. Einige Betroffene wehren sich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - mit Erfolg.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Georgien wegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit einem Protest in Tiflis verurteilt. Das Land muss Betroffenen Entschädigungen im sechsstelligen Bereich zahlen. 14 Reporter, die über die regierungskritische Demonstration berichteten, und 11 Teilnehmer hatten wegen des Vorgehens der georgischen Polizei bis zum Gerichtshof in Straßburg geklagt. Die meisten von ihnen erlitten Verletzungen durch den Einsatz von Gummigeschossen, wie der Gerichtshof mitteilte. Andere sollen von Polizisten getreten oder geschlagen worden sein.
Bei der Protestveranstaltung mit etwa 12.000 Teilnehmenden im Juni 2019 wurden mehr als 200 Menschen verletzt, auch aufseiten von Polizei und Medien. Auslöser für die Unruhen war der Besuch einer russischen Delegation bei einer Tagung im Parlament. Ein Duma-Abgeordneter hielt eine Rede vom Platz des Parlamentspräsidenten aus. Das sahen viele als Affront. Die Opposition rief auch aus Sorge, Moskau könnte mehr Einfluss in Georgien nehmen, zum Protest auf.
Die Richterinnen und Richter der Großen Kammer in Straßburg teilten mit: "Es wurde ungerechtfertigt Gewalt angewendet, wodurch die Antragsteller und andere Personen körperliche Verletzungen erlitten." Die Journalisten seien in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt worden, die Demonstranten in ihrer Versammlungsfreiheit. Obwohl es möglicherweise grundsätzlich rechtens gewesen sei, den Protest vor dem Parlamentsgebäude aufzulösen, sei die Art und Weise nicht gerechtfertigt gewesen.
Darüber hinaus stellten die Richterinnen und Richter fest, dass die georgischen Behörden die Vorfälle nicht schnell und gründlich genug aufklärten. Selbst nach fünfeinhalb Jahren sei etwa noch nicht die Identität der Staatsbediensteten festgestellt, die für die Gewalteinsätze verantwortlich seien.
Der EGMR verurteilte Georgien, zwei der Betroffenen jeweils 75.000 Euro und zwei weiteren jeweils 85.000 Euro als Ersatz für finanzielle Schäden zu zahlen. Alle Beschwerdeführer sollen verschiedene Beträge für immaterielle Schäden bekommen. Einem Großteil von ihnen soll Georgien außerdem Kosten und Auslagen von insgesamt gut 38.000 Euro zahlen.