Flucht übers Mittelmeer Griechenland bestreitet Zurückweisungen
20.08.2020, 16:56 Uhr
Immer wieder versuchen Geflüchtete, in Schlauchbooten die griechische Küste zu erreichen.
(Foto: picture alliance/dpa)
In den vergangenen Wochen häufen sich Berichte darüber, dass Griechenland Flüchtlinge zurückdrängt, die mithilfe von Booten versuchen, über das Mittelmeer ins Land zu gelangen. Nun wehrt sich Regierungschef Kyriakos Mitsotakis gegen die Vorwürfe.
Griechenland bestreitet Medienberichte, wonach die griechische Küstenwache Flüchtlinge im Mittelmeer abweisen und dort ihrem Schicksal überlassen soll. Sein Land sei ein Rechtsstaat, sagte der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis dem US-Nachrichtensender CNN. "Falls es einen Vorfall gibt, der untersucht werden muss, wenn es zu irgendeinem Zeitpunkt eine Übertreibung gibt, werde ich der Erste sein, der sich damit befasst", sagte Mitsotakis.
Die "New York Times" hatte vergangene Woche berichtet, die griechische Küstenwache habe seit März rund Tausend Flüchtlinge auf Booten im Mittelmeer abgewehrt und diese der Rettung durch die türkische Küstenwache überlassen. In ihrem Bericht berief sich die US-Zeitung auf Interviews mit Betroffenen von fünf solcher Vorfälle sowie auf Hinweise von unabhängigen Beobachtern, Forschern und der türkischen Küstenwache.
Verstoß gegen Menschenrechte
Das Zurückdrängen von Flüchtlingsbooten ist laut Menschenrechtsorganisationen ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR rief die griechischen Behörden zur Untersuchung der Vorfälle auf.
Mitsotakis zufolge ist die "Times" türkischer Propaganda auf den Leim gegangen. "Diese Art von Berichten ist auch eine Beleidigung für unsere Küstenwache", sagte der Regierungschef. Diese habe "buchstäblich Zehntausende von Flüchtlingen und Migranten auf See gerettet". Die wegen überfüllter Flüchtlingslager in die Kritik geratenen griechischen Inseln hätten "immer Schutz für Bedürftige geboten", sagte Mitsotakis.
Wie Mitte August bekannt wurde, haben auch deutsche Soldaten beobachtet, wie Boote mit Migranten im Mittelmeer auf dem Weg in Richtung Griechenland in türkische Gewässer zurückgedrängt wurden. Auf eine Frage des Linke-Abgeordneten Andrej Hunko, der wissen wollte, ob die Besatzungen deutscher Schiffe oder Flugzeuge in der Ägäis beobachtet hätten, dass Geflüchtete von der griechischen Küstenwache oder Schiffen der EU-Grenzschutzagentur Frontex an der Weiterfahrt gehindert oder "in türkische Gewässer abgedrängt wurden", berichtete die Bundesregierung zuletzt von einem Vorfall am 19. Juni.
Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei
Die im vergangenen Jahr ins Amt gekommene konservative Regierung in Athen ist wegen ihrer laut Mitsotakis "strengen aber fairen" Flüchtlingspolitik bereits öfter in die Kritik geraten. Die Vorfälle fallen in eine Zeit wachsender Spannungen zum Nachbarland Türkei, das Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen hat.
Nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im März angekündigt hatte, Flüchtlinge nicht mehr an der Einreise in die EU hindern zu wollen, kam es an der Landgrenze zu schweren Zusammenstößen zwischen griechischen Polizisten und Flüchtlingen. Griechenland beschuldigte die Türkei, Migranten beim Grenzübertritt zu helfen - die Türkei bezichtige griechische Polizisten, mit scharfer Munition auf Flüchtlinge zu schießen. Einige Flüchtlinge seien an ihren Schusswunden gestorben.
Quelle: ntv.de, hek/AFP/dpa