Politik

Erde "in großen Schwierigkeiten" Guterres fürchtet "Winter des weltweiten Unmuts"

"Diese Krisen bedrohen die Zukunft der Menschheit und das Schicksal unseres Planeten", sagte der UN-Generalsekretär.

"Diese Krisen bedrohen die Zukunft der Menschheit und das Schicksal unseres Planeten", sagte der UN-Generalsekretär.

(Foto: picture alliance / AA)

Die Menschheit dezimiere sich in militärischen Auseinandersetzungen nicht nur selbst, sondern führe auch einen "Krieg gegen die Natur": Der Generalsekretär malt zum Auftakt der UN-Generaldebatte das düstere Szenario einer Welt, die zwischen dem Konflikt in der Ukraine und der Klimakrise zerrieben ist.

UN-Generalsekretär António Guterres hat zum Auftakt der UN-Generaldebatte vor einer Verschärfung internationaler Krisen und einem "Winter des weltweiten Unmuts" gewarnt. "Unsere Welt steckt in großen Schwierigkeiten", sagte Guterres bei der UN-Vollversammlung in New York und verwies auf Kriege und Konflikte, die Klimakrise und explodierende Preise. Der Krieg in der Ukraine dürfte ein zentrales Thema der mehrtägigen Generaldebatte sein.

"Es wütet eine Lebenshaltungskosten-Krise. Vertrauen bröckelt. Ungleichheiten explodieren. Unser Planet brennt. Menschen leiden - und die Verletzlichsten leiden am meisten", sagte Guterres in seiner Eröffnungsrede. Er ging dabei unter anderem auf den Ukraine-Krieg und weitere bewaffnete Konflikte, die Ernährungskrise und den Klimawandel ein.

"Diese Krisen bedrohen die Zukunft der Menschheit und das Schicksal unseres Planeten", sagte der UN-Generalsekretär. Die internationale Staatengemeinschaft habe "eine Pflicht zum Handeln". "Und doch werden wir durch eine kolossale weltweite Funktionsstörung lahmgelegt." Die großen internationalen Herausforderungen könnten nicht nur durch eine "Koalition der Willigen" gelöst werden: "Wir brauchen eine Koalition der Welt."

Gräber in Isjum "äußerst verstörend"

Guterres beklagte in seiner Rede, der Ukraine-Krieg habe "zu weitreichender Zerstörung mit massiven Verletzungen der Menschenrechte und des internationalen humanitären Rechts geführt". Die jüngsten Berichte über den Fund Hunderter Gräber im ukrainischen Isjum seien "äußerst verstörend". "Die Kämpfe haben Tausende Leben gekostet", sagte Guterres. "Millionen Menschen sind auf der Flucht. Milliarden Menschen weltweit sind betroffen."

Fast zeitgleich mit dem Beginn der Generaldebatte kündigten die pro-russischen Behörden in den ukrainischen Regionen Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja Referenden zur Annexion durch Russland an, die am Freitag beginnen sollen. Ein Anschluss der Gebiete an Russland würde eine erhebliche Eskalation im Ukraine-Krieg bedeuten. 2014 hatte Russland bereits die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Vorangegangen war ein von Kiew und dem Westen kritisiertes Referendum.

Mit Blick auf die Erderwärmung mahnte UN-Generalsekretär Guterres, es gebe "eine weitere Schlacht, die wir beenden müssen: unseren selbstmörderischen Krieg gegen die Natur". Die Menschheit habe eine "Verabredung mit der Klimakatastrophe". Konkret forderte Guterres unter anderem Industriestaaten auf, Gewinne von Erdöl-, Kohle- und Erdgasunternehmen zu besteuern. Der Sektor fossiler Energien fahre "Hunderte Milliarden Dollar" an Subventionen und Gewinnen ein, "während die Budgets von Haushalten schrumpfen und unser Planet brennt". Die Einnahmen aus einer Besteuerung der Gewinne sollten Ländern zugutekommen, die durch die Klimakrise "Verluste und Schaden" erlitten, sowie den Menschen, die "mit steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen" zu kämpfen hätten.

Bolsonaro fordert Waffenstillstand

Die Rede des UN-Generalsekretärs markierte den Auftakt der diesjährigen Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York mit zahlreichen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt. Am heutigen Dienstag sind Reden unter anderem von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz geplant. Zu den Rednern am Mittwoch gehören US-Präsident Joe Biden, der iranische Staatschef Ebrahim Raisi und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj. Selenskyj ist angesichts des russischen Angriffskriegs gegen sein Land der einzige Staatschef, der seine Rede bei der UN-Generaldebatte per Videoansprache halten darf.

Russlands Staatschef Wladimir Putin wird ebenfalls nicht in New York sein und auch nicht bei der Generaldebatte sprechen. Stattdessen betonte er bei einem Botschafterempfang in Moskau, Russland werde an seinem "souveränen Weg" festhalten. Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats werde sein Land sich "noch stärker" für eine "einigende internationale Agenda" einsetzen und zur "Beilegung schwerer regionaler Krisen beitragen". Das werde Russland auch bei der Generaldebatte klarmachen, betonte Putin.

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro forderte in seiner Rede einen Waffenstillstand in der Ukraine. Gleichzeitig kritisierte er aber auch die gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen. "Die Auswirkungen des Konflikts sind bereits an den Weltmarktpreisen für Lebensmittel, Brennstoffe und andere Rohstoffe zu spüren. All diese Auswirkungen entfernen uns von den Zielen für nachhaltige Entwicklung", sagte Bolsonaro. Für den rechten Staatschef könnte es vorerst die letzte Rede bei den Vereinten Nationen gewesen sein. Vor der Präsidentenwahl am 2. Oktober in Brasilien liegt Bolsonaro in den Umfragen deutlich hinter seinem Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva. Allerdings streute Bolsonaro zuletzt immer wieder Zweifel am Wahlsystem und hat bereits angekündigt, eine Niederlage womöglich nicht anzuerkennen.

Quelle: ntv.de, lve/AFP/dpa

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