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"Kriegsdebatte" der Republikaner Haley hat Munition im Absatz, Ramaswamy greift an

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Nikki Haley und Vivek Ramaswamy zoffen sich, Ron DeSantis nutzt die Zeit für einen Blick in seine Notizen.

Nikki Haley und Vivek Ramaswamy zoffen sich, Ron DeSantis nutzt die Zeit für einen Blick in seine Notizen.

(Foto: dpa)

Kriege, Konflikte und diesmal nur ein bisschen Innenpolitik - die dritte TV-Vorwahldebatte der US-Republikaner ist inhaltsvoll und unterhaltsam wie keine davor. Nikki Haley und Vivek Ramaswamy bekommen sich mehrmals in die Haare. Trump schwänzt.

Als es vorbei ist, geben sich Nikki Haley und Vivek Ramaswamy nicht die Hand, sehen sich nicht einmal mehr an. Die beiden Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner haben gerade zwei Stunden lang auf der Bühne gestanden und sich über das Rednerpult von Ron DeSantis hinweg immer wieder angegiftet. "Sie sind einfach nur Abschaum", sagt Haley einmal sogar mit spöttischem Lächeln, als Ramaswamy ihre Tochter erwähnt, die Tiktok benutze. Es geht darum, wie die beiden als Präsidenten mit der "Spyware" Chinas umgehen würden.

Dies war aber nur ein Moment in dieser dritten Debatte des republikanischen Vorwahlkampfes, die diesen Namen endlich auch verdiente. Es ging um Inhalte, vom Fernsehzirkus der ersten beiden TV-Debatten mit wesentlich mehr Teilnehmern war kaum noch etwas zu sehen. Auch, weil fast alle der verbliebenen fünf Bewerber darlegten, wie sie als Präsident ab 2025 im Weißen Haus die Linien im internationalen Kriegs- und Krisenambiente vorgeben würden. Noch zwei Monate sind es bis zur republikanischen Vorwahl in Iowa, danach folgt ein monatelanger Ritt durch alle weiteren Bundesstaaten. Die Präsidentschaftswahl findet in einem Jahr statt.

Nahezu uneinholbarer Favorit auf die Kandidatur der Konservativen ist Donald Trump, der nach seiner Wahlniederlage 2020 auf Revanche sinnt und den Demokraten Joe Biden wieder aus dem Weißen Haus vertreiben will. Trump hält es wie schon bei den ersten beiden Debatten auch in Miami nicht für nötig, aufzutauchen. Stattdessen beschimpfte er an anderer Stelle im Bundesstaat Florida seine Herausforderer als schwach und unfähig. In nationalen Umfragen liegt der Ex-Präsident mit 56,5 Prozent im Schnitt vorne, es folgen Floridas Gouverneur DeSantis (13,9 Prozent), Ex-UN-Botschafterin Nikki Haley (9 Prozent), New Jerseys Ex-Gouverneur Chris Christie (2,9 Prozent) und Senator Tim Scott (2,2 Prozent). Da es keine USA-weite Vorwahl gibt, sondern in jedem Bundesstaat einzeln abgestimmt wird, sind die jeweiligen Umfragen von vor Ort aussagekräftiger. Doch auch beispielsweise in Iowa sieht das Bild nur unwesentlich anders aus. Im Schnitt kommt Trump dort auf 45,6, DeSantis auf 17,1 und Haley auf 13,9 Prozent, wie das Portal Fivethirtyeight.com meldet.

Bei der Debatte wird dann deutlich, warum DeSantis, Haley und Ramaswamy darum kämpfen, zumindest auf den Platz hinter Trump zu rücken. Haley hat Fachwissen, Erfahrung und Format, DeSantis kann seinen Trump'schen Kurs mit Erfolgen untermauern und Ramaswamy ist der junge, frische Außenseiter, der anecken will.

Für Ramaswamy sind alle schuld außer Trump

Die Unterstützung für Trump an der Parteibasis ist groß, weshalb sich die fünf zum Auftakt der Fragen auch nur halbherzig trauen, den Ex-Präsidenten für dessen Abwesenheit zu kritisieren. DeSantis erklärt, er sei es leid, immer zu verlieren, und fordert Trumps Anwesenheit; Haley macht ihn für Billionen Dollar neue Staatsschulden verantwortlich ("dafür werden uns unsere Kinder nicht vergeben"). Ramaswamy attackiert lieber in alle anderen Richtungen, geht direkt die drei fragenden Journalisten an und wünscht sich stattdessen Unternehmer Elon Musk und andere an deren Stelle. Er zählt alle Wahlniederlagen seit 2016 auf - macht aber nicht Trump, sondern die oberste Parteifunktionärin dafür verantwortlich: "Wir sind eine Partei der Verlierer geworden."

Danach wird es fast nur um Außenpolitik gehen: Israels Krieg gegen die Hamas, den Iran, China und Taiwan, Russlands Invasion der Ukraine, sogar Venezuela wird kurz angerissen. Auch, aber nicht nur deshalb glänzt an diesem Abend vor allem Haley. DeSantis wirkt wesentlich selbstsicherer und ruhiger als bei den vorherigen Auftritten. Ramaswamy entpuppt sich als fast schon lupenreiner Isolationist, der sich aus allen internationalen bewaffneten Konflikten heraushalten würde. Antisemitismus im Bildungssystem, die hohen Lebenshaltungskosten und Abtreibungen werden die einzigen innenpolitischen Themen sein.

Glänzte: Nikki Haley, Ex-UN-Botschafterin und Ex-Gouverneurin in South Carolina.

Glänzte: Nikki Haley, Ex-UN-Botschafterin und Ex-Gouverneurin in South Carolina.

(Foto: dpa)

Zu Israel sind sich die Bewerber größtenteils einig: Sie würden keine Feuerpause im Gazastreifen von den Israelis fordern, sondern die Hamas so weit wie möglich ausradieren. Scott erwähnt die Schlüsselrolle des Iran ("Man muss den Kopf der Schlange abschlagen!"), auch Haley betont: "Es gibt eine unheilige Allianz." Sie verweist darauf, dass die Islamische Republik fast ihr komplettes Öl an China verkauft und Raketen an Russland. Iran wiederum finanziert die Hamas. "Die USA brauchen Israel, es ist die Speerspitze gegen die Islamisten", so Haley. Ramaswamy erwähnt auch Israels Eigenverantwortung.

Haley platzt der Kragen

Als der Unternehmer sagt, er würde die Ukraine in ihrem Krieg gegen die russischen Besatzer nicht weiter unterstützen, platzt Haley der Kragen. "(Russlands Präsident Wladimir) Putin und (Chinas Präsident) Xi (Jinping) geifern angesichts der Aussicht, dass so jemand Präsident werden könnte", ruft sie ins Mikrofon und zeigt in Richtung des Kontrahenten. Das Publikum jubelt zustimmend. 500.000 Menschen seien wegen Putin gestorben, da stelle man nicht so einfach die Unterstützung ein, so Haley.

Das stärkste Plädoyer gibt jedoch Christie ab: "Das ist der Preis, den wir als Anführer der freien Welt bezahlen", sagt er. "Das letzte Mal, als wir abgewartet haben, sind unsere Soldaten in Europa gestorben, um Hitler zu besiegen." Zudem hätten die USA der Ukraine versprochen, sie zu beschützen, als sie nach dem Ende des Kalten Krieges ihre Atomwaffen abgegeben habe. Dazu müssten die Vereinigten Staaten stehen. "Gegenüber Diktatoren nachzugeben, zeigt die Unreife des Ansatzes", sagt Christie. Am Applaus ist erkennbar, dass wohl jeder versteht, dass damit Ramaswamy gemeint ist.

Es schließt sich die Frage an, ob die derzeitige US-Flotte von rund 300 Schiffen genug sei, um China von einer Invasion in Taiwan abzuhalten. Haley meint, die US-Hilfe für die Ukraine sende "die stärkste Botschaft" an China, die Finger von Taiwan zu lassen. China fürchte nichts mehr als zu wissen, "dass wir Taiwan verteidigen". DeSantis, der schon häufiger geäußert hat, dass er den Konflikt mit China für wichtiger als den in der Ukraine hält, sagt: "China ist das, was früher die Sowjetunion war." Würde es die größte Weltmacht, werde dies das Leben der US-Amerikaner beeinträchtigen. China würde dann Autoritarismus exportieren.

Ramaswamy plädiert dafür, sich von China "unabhängig zu erklären". Das Problem seien die Abhängigkeiten der Rüstungs-, Pharma und Halbleiterindustrie von China. Christie wiederum hält Atom-U-Boote für die wichtigste und effektivste Abschreckung im Südchinesischen Meer, weshalb er das entsprechende Budget "drastisch erhöhen" würde.

Publikum buht Ramaswamy aus

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Nach einer Frage dazu, was mit der chinesischen "Spyware"-App Tiktok geschehen solle, entbrennt ein Zweikampf zwischen Haley und Ramaswamy darüber, wer China nähersteht. Der Unternehmer ist laut eigener Aussage der einzige anwesende Bewerber, der auf Tiktok präsent ist. Er versucht, Haley Heuchelei vorzuwerfen, schließlich nutze ihre Tochter die App. Das Publikum buht Ramaswamy lauthals aus und Haley giftet aufgebracht: "Nimm den Namen meiner Tochter nicht in den Mund." Doch der Unternehmer lässt nicht locker - und Haley bezeichnet ihn als "Abschaum".

Haley, so wird sie nach der Debatte sagen, hält Ramaswamys außenpolitische Positionen für gefährlich für die USA. Wohl deshalb widerspricht sie ihm häufig mit Nachdruck oder lächelt mitleidig-überlegen. Der Unternehmer versuchte auf der Bühne mehrfach, seine Unerfahrenheit als Qualität herauszuheben: "Wollen Sie einen Anführer einer anderen Generation (...), oder wollen Sie Dick Cheney (Vizepräsident unter George W. Bush) in Drei-Zoll-Absätzen?", ätzte er etwa, als es um Israel ging. Das ließ Haley nicht auf sich sitzen und konterte: "Es sind Fünf-Zoll-Absätze (...), sie sind kein Mode-Statement, sondern für Munition." Auch wenn Trump im kommenden Jahr womöglich alle aus dem Rennen fegt - unterhaltsam sind die Debatten seiner Herausforderer allemal.

Quelle: ntv.de

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