Frank Plasberg. Seine Sendung durfte unperfekt wirken, ohne es zu sein.
(Foto: IMAGO/Klaus W. Schmidt)
Am Ende ist er den Tränen nahe. Nach fast 21 Jahren hat Frank Plasberg am Montagabend die letzte Ausgabe seiner Sendung "Hart aber fair" moderiert. Nun geht er in den Ruhestand. Eine Würdigung.
Montagabend, viertel nach zehn. Das war's dann wohl: die letzte Sendung "Hart aber fair" mit dem Alten. Ein bisschen Melancholie beschleicht den Zuschauer, der sich noch an die erste Ausgabe erinnert. Auch Moderator Frank Plasberg wirkt etwas beklommen, als er das Ruder an seinen Nachfolger übergibt. Diesmal will er pünktlich fertig werden. Doch er muss noch erzählen, was er unbedingt in den nächsten Jahren beachten will. Ein Professor, mit dem er befreundet ist, habe ihm diesen Rat gegeben: "Tragen Sie immer helle Kleidung - und riechen Sie gut."
"Bleiben Sie sauber", sagt Plasberg dann noch - und verlässt die Show-Bühne. Wenn es nach ihm geht, zum letzten Mal. Er will jetzt mit seiner Frau chillen, hat er vergangene Woche in einem Interview gesagt, und "schauen, was die Zeit bringt." Dass er sich ganz aus dem Fernsehgeschäft zurückzieht, ist unwahrscheinlich. Er ist Mitinhaber einer TV-Produktionsfirma, die unter anderem für die Sendungen "Frag doch mal die Maus" und "Hirschhausens Quiz des Menschen" verantwortlich ist.
Harte Talkshow ohne Krawall
Der 31. Januar 2001 fällt auf einen Mittwoch. Um viertel nach acht startet der WDR eine Talkshow, die sich an ein bundesweites Publikum richten soll. "Hart aber fair" heißt sie. Ihr Name soll Programm sein, plant der Sender: Eine Diskussionssendung nahe am Zuschauer, nicht bieder oder abgehoben wie die Konkurrenz im Ersten und Zweiten bisweilen. Kritisch soll sie sein, meinungsstark. Hin und wieder darf es auch mal richtig rappeln. Und die Show soll Themen aufgreifen, die die Menschen interessieren: die Gesundheit von fleischlosem Essen, den Sinn von Zoos oder die Frage, warum Männer auf Baumärkte stehen. Und immer wieder Politik.
Ein Moderator ist schnell gefunden: Frank Plasberg. Der hatte jahrelang eine tägliche aktuelle Sendung im WDR-Fernsehen moderiert. Während des Geiseldramas in Gladbeck 1988 hatte er einen der Entführer interviewt - das Interview wurde nie gesendet.
Gendern und andere Skandale
Schnell wird die zunächst anderthalb Stunden lange Show zum Hit, 2007 erfolgt der Umzug ins ARD-Hauptprogramm.
Die Sendung und ihr Moderator sind nie ganz frei von Kritik. Frank Plasberg falle seinen Gästen zu oft ins Wort, heißt es. Immer wieder wird kolportiert, Plasberg schiele auf den Sendeplatz am Sonntagabend, deswegen diskutiere er immer wieder die gleichen Themen wie die Talkshow am Abend zuvor.
Und dann gibt es die Sendungen, die aus der Rolle fallen. Wie die vom 2. März 2015 zum Thema "Gleichberechtigung", die Sexismus-Beschwerden von mehreren Frauenverbänden nach sich zieht. Der WDR löscht die Show aus seiner Mediathek - und wird mit Zensurvorwürfen überhäuft. Ein halbes Jahr später wird eine neue Sendung mit den gleichen Gästen zum gleichen Thema gesendet.
Oder die Frau, die im Dezember 2019 plötzlich während einer Diskussion über Tierversuche auf die Bühne stürmt, sich als Feministin vorstellt, einen der Gäste beschimpft und von Plasberg sehr souverän aus der Sendung geleitet wird.
Fast 21 Jahre gibt es nun "Hart aber fair". Plasberg hat die Show geprägt - mit seiner direkten Art des "Volkstalkers", der sich nicht scheut, auch unangenehme Perspektiven anzunehmen. Trotzdem ist ihm natürlich eine gewisse öffentlich-rechtliche Biederkeit nicht abzusprechen. In Erinnerung bleiben wird Plasberg am Ende vielen Zuschauern als mal streitbarer, mal vermittelnder und mal harmoniesüchtiger Polit-Entertainer, nicht immer hart, aber fast immer fair.
Bald kommt der Neue
"Hart aber fair" hat einen besonderen Platz im Talkshow-Orchester von ARD und ZDF: Keine Show beginnt so früh am Abend. Die Sendung darf unperfekt wirken, ohne es zu sein. Und sie hat eins geschafft: Wäre sie nicht da, würde sie fehlen.
Jetzt macht sie kurz Pause, aber nicht mal für zwei Monate. Am 9. Januar startet die Sendung neu, mit neuem Chef. Mit Louis Klamroth übernimmt ein Moderator, der halb so alt ist wie sein Vorgänger. Dass er seinen Job beherrscht, hat er unter anderem bei ntv bewiesen, wo er seine Sendung "Klamroths Konter" präsentiert und dafür 2018 den Deutschen Fernsehpreis gewonnen hat.
Unfair wäre es, würde man versuchen, Klamroth auf eine Stufe mit Plasberg zu stellen. Klamroth gehört der neuen, Internet-affinen Insta-Generation an - bekannt wurde er mit einem Blog, den er für Stern.de schrieb. Gerade mit seiner Jugend - Klamroth ist 33 und damit zwanzig Jahre jünger als das bisherige "Talkshow-Nesthäkchen" Markus Lanz - kann er die bisweilen recht spießig-verstaubt wirkende öffentlich-rechtliche Talkshow-Szene positiv verändern, vielleicht sogar ein wenig aufmischen. Die Zuschauer hätten es verdient.
Quelle: ntv.de
