Fraktionschef im "ntv Frühstart" Hofreiter hält Ampel-Investitionen für finanzierbar
19.10.2021, 11:01 UhrSPD, FDP und Grüne haben sich viel vorgenommen, die Finanzierung ihrer Vorhaben aber bislang kaum konkretisiert. Im "ntv Frühstart" deutet Grünen-Fraktionschef Hofreiter einen Weg zur Aufnahme von Schulden außerhalb des Staatshaushalts an.
Grünen-Fraktionschef Toni Hofreiter sieht trotz der von der FDP verlangten finanziellen Leitplanken genügend Spielraum, um die Vorhaben der Ampel-Regierung zu finanzieren. "Es wird dafür gesorgt, dass die Investitionen möglich sind", sagte Hofreiter in der ntv-Sendung "Frühstart" unter Verweis auf die entsprechende, unkonkrete Formulierung des Sondierungspapiers. Zur Frage nach einer detaillierteren Erläuterung, wie das ohne Aufweichung der Schuldenbremse und ohne Erhöhung von Steuersätzen gehen solle, sagte Hofreiter: "Wir können uns durchaus vorstellen, dass die öffentliche Hand investiert."
Der Grünen-Politiker nannte als Beispiel die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die Deutsche Bahn und die Autobahn GmbH: Diese Gesellschaften dürfen Kredite aufnehmen, ohne dass diese 1:1 in die Staatsverschuldung eingerechnet werden. Die Gründung weiterer Gesellschaften oder die Ausweitung der Aufgaben bestehender Gesellschaften könnte, so die Andeutung, die Investition in Zukunftsaufgaben ermöglichen bei Beibehaltung der geltenden Schuldenregeln.
Verteidigung des neuen Kohlekompromisses
Hofreiter will zudem über die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidungen mehr Geld in die Staatskasse spülen: "Wenn man Steuervermeidung mal ernsthaft anpackt, kann man sehr viel Geld holen", sagte Hofreiter - eine kleine Spitze gegen den aktuellen Bundesfinanzminister und wahrscheinlichen Ampel-Kanzler Olaf Scholz.
Auch bei anderen Themen lassen die Formulierungen im Sondierungspapier Interpretationsspielraum, etwa beim Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die Grünen forderten im Wahlkampf einen vorgezogenen Ausstieg, konnten SPD und FDP in den Sondierungsgesprächen aber nicht von einem fixen Datum überzeugen. Stattdessen soll ein beschleunigter Kohleausstieg "idealerweise" bis 2030 umgesetzt werden, statt erst 2038.
Hofreiter verteidigte die Einigung: "Man kann nicht einfach die Kraftwerke ausschalten, sondern es braucht dann eine andere Stromform. Also 'idealerweise' bedeutet, dass wir die Kohlekraftwerke durch erneuerbare Energien ersetzen müssen." Daher müsse die Wind- und Sonnenenergie schnell ausgebaut werden. "Wenn uns das gelingt, dann wird es uns auch gelingen, die Kohlekraftwerke abzuschalten. Wir können ja nicht einfach die Lichter ausschalten", sagte Hofreiter.
Deutschland kein Bremser mehr
Eine Ausweitung der CO2-Bepreisung war für die Grünen ebenfalls ein zentrales Thema im Wahlkampf, jedoch konnten sich die Ampelparteien in den Sondierungsgesprächen noch nicht auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen. Für Hofreiter ist die Debatte damit aber nicht vom Tisch: "Das ist natürlich noch eine Aufgabe für die Koalitionsverhandlungen."
Grundsätzlich aber lobte Hofreiter die Klimapositionen im Sondierungspapier und hob hervor, dass SPD, FDP und Grüne die Klimaschutz-Pläne der EU-Kommission, "Fit for 55", unterstützen würden - darunter auch das Ende des Verbrennungsmotors bis 2035. "Das ist ein großer Fortschritt im Vergleich zur Vergangenheit, in der Deutschland der Bremser war. Die neue Bundesregierung wird Antreiber auf der europäischen Ebene sein", sagte Hofreiter weiter.
Quelle: ntv.de, dhe/shu