Politik

Chefredakteur in Handschellen Hongkonger Polizei verhaftet Journalisten

Seit den monatelangen Massenprotesten im Jahr 2019 geht die Polizei in Hongkong scharf gegen pro-demokratische Medien vor. Zum wiederholten Mal werden nun mehrere Journalisten in Gewahrsam genommen. 200 Beamte sind dafür im Einsatz.

Die Behörden in Hongkong haben sechs aktuelle und ehemalige Mitarbeiter einer Nachrichtenseite festgenommen. Wie die Polizei mitteilte, waren mehr als 200 Beamte im Einsatz, um das Büro von "Stand News" zu durchsuchen. Ein AFP-Reporter sah, wie der Chefredakteur, Patrick Lam, in Handschellen in das Bürogebäude geführt wurde. "Stand News" ist nach "Apple Daily" das zweite Medienunternehmen in Hongkong, das ins Visier der Justiz geraten ist.

In einem auf der Facebook-Seite der Organisation live gestreamten Video war zu sehen, wie Polizisten am frühen Mittwochmorgen vor der Tür des Redakteurs Ronson Chan standen. Sie teilten Chan mit, dass sie einen Durchsuchungsbefehl wegen "Verschwörung zur Veröffentlichung einer aufrührerischen Publikation" gegen ihn hätten. Die Rechtsgrundlage dieser Vorwürfe stammt noch aus der Zeit, als Hongkong eine britische Kolonie war.

Chan, der auch Vorsitzender der Hongkonger Journalistenvereinigung ist, wurde nicht festgenommen. Medienberichten zufolge gehörten jedoch die Anwältin und ehemalige Abgeordnete Margaret Ng und der ehemalige Chefredakteur von "Stand News", Chung Pui-kuen, zu den Festgenommenen. Die Popsängerin Denise Ho, die wie Ng bis zu ihrem Rücktritt im Juni im Vorstand des gemeinnützigen Unternehmens saß, wurde laut ihrer Facebook-Seite ebenfalls festgenommen.

Vorwurf: "Verleumderische" Berichterstattung

Die Hongkonger Behörden haben "Stand News" wiederholt kritisiert. So beschuldigte der Chef der Sicherheitsbehörden, Chris Tang, die Seite kürzlich, "voreingenommene, verleumderische und dämonisierende" Berichte über die Haftbedingungen in Hongkong zu veröffentlichen.

In Hongkong hatte es 2019 monatelang Massenproteste gegen den wachsenden Einfluss Pekings gegeben. Seitdem gehen die Behörden mit zunehmender Härte gegen Kritiker in der Sonderverwaltungszone vor. Im Juli 2020 trat das sogenannte Sicherheitsgesetz in Kraft. Es erlaubt den Behörden ein drakonisches Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Dazu gehören alle Aktivitäten, die China als Aufrufe zur Abspaltung, Subversion, geheime Absprachen mit ausländischen Kräften und Terrorismus betrachtet.

Anfang des Jahres musste die pro-demokratische Zeitung "Apple Daily" den Betrieb einstellen, nachdem ihr Vermögen eingefroren und ihre leitenden Angestellten verhaftet worden waren. Der 74-jährige Eigentümer und Demokratieaktivist Jimmy Lai sitzt ebenfalls im Gefängnis.

Quelle: ntv.de, lpe/AFP

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