Mit Fackeln, Trommeln und Pyro Hunderte ziehen vor Haus von Oberbürgermeister
15.02.2022, 17:41 Uhr
Bereits mehrfach versammeln sich Corona-Maßnahmengegner vor den Wohnhäusern von Politikern - im jüngsten Fall vor dem Haus von Oberbürgermeister Daniel Szarata.
(Foto: dpa)
Angeführt von Rechtsextremisten versammeln sich Hunderte Corona-Maßnahmengegner vor dem Haus des Oberbürgermeisters von Halberstadt. Einige tragen Fackeln, andere trommeln. Ministerpräsident Haseloff spricht von einem Tabubruch. Vorfälle dieser Art mehren sich inzwischen.
Vor dem Wohnhaus des Oberbürgermeisters von Halberstadt in Sachsen-Anhalt, Daniel Szarata, haben sich am Montagabend lautstark protestierend Gegner der Corona-Politik versammelt. Politiker verschiedener Parteien verurteilten das Vorgehen der Demonstranten als Grenzüberschreitung. Der nicht angemeldete Aufzug mit bis zu 700 Teilnehmern hatte sich von der Innenstadt durch angrenzende Wohn- und Gewerbegebiete bewegt, wie die Polizeiinspektion Magdeburg mitteilte. Der Aufzug sei "maßgeblich" von etwa 25 Anhängern der rechtsextremen Gruppierung Harzrevolte angeführt worden. Einige Demonstranten hatten demnach Trillerpfeifen, Trommel und Fackeln und Feuerwerk dabei. Vor dem Wohnhaus des Oberbürgermeisters gab es lautstarken Protest, Polizeibeamte schützten das Haus gegen ein weiteres Vordringen der Demonstranten.
Gegen 20 Uhr habe die Gruppe das Wohnhaus des CDU-Politikers erreicht und dort mehrere Minuten mit lautstarkem Protest verweilt. Polizisten stellten sich zum Schutz vor das Gebäude. Gegen 22 Uhr habe sich die Gruppe aufgelöst.
Die Polizei leitete mit Blick auf die gesamte Corona-Demonstration Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz wegen Zündens von Pyrotechnik, wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte ein. Dabei gab es nach Aussage der Beamten aber keine Verletzten bei der Polizei.
Viele Politiker und gesellschaftliche Akteure verurteilten das Vorgehen der Demonstranten als Grenzüberschreitung und bekundeten ihre Solidarität mit Szarata und seiner Familie. Ministerpräsident Reiner Haseloff warnte vor einer Radikalisierung der Proteste. "Zur Demokratie gehören auch Meinungsverschiedenheiten", sagte der CDU-Politiker. Es gebe aber "rote Linien". Die Ereignisse vor dem Privathaus von Oberbürgermeister Szarata "stellen einen Tabubruch dar und sind aufs Schärfste zu verurteilen", erklärte Haseloff. "In unserer Gesellschaft darf es keinen Platz für Hass, Hetze und Einschüchterungen geben."
"Gezielter Einschüchterungsversuch"
Landesinnenministerin Tamara Zieschang und der Landrat des Landkreises Harz, Thomas Balcerowski, von der CDU sprachen von einem "gezielten Einschüchterungsversuch". "Einem solchen Missbrauch des Versammlungsrechts werden Versammlungsbehörden und Polizei entschieden entgegentreten", betonten beide. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Chris Schulenburg, forderte die Einrichtung von Bannmeilen um sensible Orte wie Privathäuser. Die Grünen-Landtagsfraktion drang auf eine konsequentere Strafverfolgung derjenigen, "die diese Drohszenarien aufbauen". Auch Linke und SPD sahen eine Grenze überschritten.
Szarata, 1982 in Halberstadt geboren, hatte die Bürger während der Pandemie aufgerufen, sich nicht an Demonstrationen gegen die aktuellen Corona-Auflagen oder an Gegendemonstrationen zu beteiligen. "Wir lassen uns als Bürger dieser Stadt nicht spalten", hatte der 39-Jährige erklärt.
In der Vergangenheit hatten Gegner der Corona-Maßnahmen schon öfter Proteste vor Privathäusern von Politikern organisiert. Am Sonntagabend versuchte eine Gruppe von rund 60 Kritikern der Corona-Maßnahmen in Baden-Württemberg, eine Absperrung vor dem Wohnhaus von Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen in Sigmaringen zu überwinden. Die Polizei konnte sie jedoch stoppen. Im Januar zogen Teilnehmer eines unangemeldeten Protests am Haus von Geras parteilosen Oberbürgermeister Julian Vonarb vorbei. Bundesweit sorgte auch ein Fackelzug vor das Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping von der SPD im Dezember für Empörung.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP