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"Versuch der Destabilisierung" Putin tat Terrorwarnung der USA als Erpressung ab

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Mann der Fehleinschätzungen: Wladimir Putin

Mann der Fehleinschätzungen: Wladimir Putin

(Foto: picture alliance/dpa/Russian President Press Office)

Am 7. März gibt die US-Botschaft in Russland eine eindeutige Warnung heraus: Extremisten planen einen Anschlag in Moskau, schreibt die diplomatische Vertretung auf ihrer Webseite. Laut US-Angaben werden die Informationen mit den russischen Behörden geteilt. Doch Wladimir Putin wusste es besser.

Der russische Staatschef Wladimir Putin hat US-Warnungen vor einem unmittelbar bevorstehenden Terroranschlag in Moskau noch vor wenigen Tagen als "unverhohlene Erpressung" und Einschüchterungsversuch des Westens zurückgewiesen. Darauf weist unter anderem die unabhängige exilrussische Nachrichtenseite Meduza hin. "All dies ähnelt einer unverhohlenen Erpressung und der Absicht, unsere Gesellschaft einzuschüchtern und zu destabilisieren", sagte Putin am 19. März bei einem Auftritt, über den auch die russische Nachrichtenagentur TASS berichtet hatte.

Putins Aussage bezog sich auf eine Mitteilung der US-Botschaft in Russland vom 7. März. Die amerikanische Vertretung warnte auf ihrer Webseite vor möglicherweise bevorstehenden Anschlägen von Extremisten in Moskau. Sie empfahl US-Bürgern, große Menschenansammlungen zu meiden. Die Botschaft überprüfe Berichte, wonach Extremisten planten, demnächst große Menschenmengen, auch Konzerte in Moskau, ins Visier zu nehmen.

Die britische Botschaft gab ebenfalls Anfang März eine ähnliche Warnung an ihre Staatsbürger heraus. Das Weiße Haus in Washington D.C. erklärte, die USA hätten alle vorliegenden Informationen an die russischen Behörden weitergeleitet.

FSB meldete Terroreinsatz

Die russische Führung weist den Verdacht, sie könnte eine ausdrückliche Warnung vor dem Terroranschlag auf die Crocus City Hall mit mehr als 60 Toten nicht ernst genommen haben, zurück. Die US-Regierung hätte sofort alle Informationen über einen in Russland geplanten Terroranschlag weitergeben müssen, wenn Washington solche Informationen gehabt habe, erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Abend.

Der stellvertretende russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanski, machte die USA indirekt sogar für den Anschlag verantwortlich: "Es gibt viele Fragen, die beantwortet werden müssen ...", kommentierte er bei X einen Screenshot der US-Botschaft in Russland zu dem Terroranschlag.

Unter dem Beitrag von Poljanski weisen Nutzer allerdings darauf hin, dass auch der russische Inlandsgeheimdienst FSB offensichtlich eine ausdrückliche Terrorwarnung erhalten hatte. Denn dieser hatte bereits vor der US-Warnung selbst erklärt, dass man in der Stadt Kaluga, rund 190 km südwestlich von Moskau, eine "Zelle der verbotenen Terrororganisation ISIS zerschlagen habe, deren Mitglieder einen Anschlag in der russischen Hauptstadt geplant hatten".

Putin versagt erneut

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Am Freitag eröffneten mehrere bewaffnete Kämpfer das Feuer in einem Konzertsaal am Rande der russischen Hauptstadt und töteten mehr als 60 Menschen. 115 weitere Menschen wurden bei dem Angriff verletzt und ins Krankenhaus gebracht. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamiert den Angriff für sich. Die Täter konnten bislang nicht gefasst werden.

Der US-amerikanische Politologe Ian Bremmer nennt das erneute Versagen der russischen Führung im Bereich der nationalen Sicherheit "erstaunlich". In weniger als zwei Jahren habe sich Putin drei große Fehleinschätzungen geleistet, schreibt er auf den Social-Media-Plattformen Threads und X: Putin habe die Fähigkeiten seiner Streitkräfte, in die Ukraine zu marschieren und Kiew zu erobern, massiv überschätzt; Putin habe dem früheren Wagner-Chef Prigoschin erlaubt, eine Meuterei bis nach Moskau anzuführen, Putin habe US-Geheimdienstinformationen über drohende Terroranschläge zurückgewiesen und bei der Verteidigung des russischen Volkes versagt.

Quelle: ntv.de, chr

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