Unterstützung nun auch aus SPD Immer mehr Politiker fordern Taurus-Lieferungen an Ukraine
06.08.2023, 11:16 Uhr Artikel anhören
Taurus-Marschflugkörper haben eine Reichweite von 500 Kilometern.
(Foto: picture alliance/dpa/Bundeswehr)
FDP und Grüne befürworten schon länger die Abgabe von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Schließlich müsse Kiew ermöglicht werden, gegen militärische Ziele in Russland vorzugehen, so die FDP. Nun fordert auch ein SPD-Politiker Taurus-Lieferungen und mahnt zur Eile.
Seit Monaten fordert Kiew Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland. Während Vertreter aus FDP und Grünen schon länger Unterstützung signalisieren, kommt nun auch aus der SPD Unterstützung für entsprechende Lieferungen. Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz warnte im "Spiegel" davor, Zeit zu verlieren: "Ich sehe ein Déjà-vu auf uns zukommen. Wie schon in der Panzerfrage lehnen wir jetzt die Abgabe von wichtigem Gerät ab, das am Ende wohl doch geliefert werden wird", sagte Schwarz.
Auch Nils Schmid schließe nicht aus, "dass wir im Verbund mit den Amerikanern auch zusätzliche andere Systeme wie Taurus liefern werden", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion dem "Tagesspiegel". "Vorher muss sichergestellt werden, dass die Ukrainer selbst die Zielprogrammierung übernehmen können und nicht Bundeswehrsoldaten das tun - das würde uns gefährlich nahe an eine direkte Kriegsbeteiligung bringen." Schmid sieht derzeit aber noch keinen Entscheidungsbedarf.
Ukraine "so lange wie nötig" unterstützen
Dem widerspricht Schwarz: Die Gegenoffensive der Ukraine stocke, eine nennenswerte Luftwaffe zur Unterstützung habe das Land nicht. "Da bleiben nur Lenkwaffen wie Taurus-Marschflugkörper, mit denen die ukrainische Armee die von den Russen angelegten Minenfelder überwinden und Territorium zurückerobern könnte", so der Berichterstatter für den Verteidigungsetat im Haushaltsausschuss des Bundestags. Die Ukraine will mit den Marschflugkörpern im Zuge ihrer Gegenoffensive russische Stellungen auch weit hinter der Front angreifen.
Schwarz erinnerte an die Zusage des Kanzlers und der gesamten Bundesregierung, die Ukraine "so lange wie nötig" zu unterstützen. "Wir wollen die Ukraine in die Lage versetzen, den Krieg schneller zu gewinnen. Dafür braucht sie Luft-Boden-Marschflugkörper vom Typ Taurus", betonte der Politiker aus dem bayerischen Bamberg. Es würden auch keine technischen Gründe gegen die Lieferung sprechen: "Mit einigen technischen Umbauten können die Waffen auch von den in der Ukraine bislang eingesetzten, nicht-westlichen Kampfjets abgefeuert werden", sagte Schwarz und mahnte Tempo bei der Entscheidung an: "Diese Umbauten benötigen aber auch Zeit, die am Ende wieder fehlen kann."
Zudem teilt Schwarz nicht die Sorge, dass die Ukraine mit den bis zu 500 Kilometer weit reichenden Lenkflugkörpern Ziele in Russland angreifen könnte. "Auch mit den bereits gelieferten Artilleriesystemen Mars und Himars könnten die Ukrainer russisches Gebiet erreichen, was bisher ja vermieden wurde", sagte er.
Grüne und FDP plädieren für Lieferung
Vertreter von Grünen und FDP stehen der Aufbereitung und Abgabe von Marschflugkörpern aus Bundeswehrbeständen schon länger offen gegenüber. Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger wies dem "Spiegel" gegenüber das Argument von der riskanten Reichweite zurück: "Die Reichweite der Taurus-Waffen ist kein unlösbares Problem", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag und schlug eine Übereinkunft mit Kiew vor: "Deutschland und die Ukraine können zum Beispiel vereinbaren, dass bestimmte Gebiete ausgenommen werden oder die Waffen ausschließlich gegen militärisch relevante Ziele eingesetzt werden, wie es das Völkerrecht der Ukraine in ihrer Selbstverteidigung zugesteht", sagte Brugger.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, vertrat die Meinung, die Ukraine "muss auch mit unserer Unterstützung in die Lage versetzt werden, gegen militärische Ziele - auch auf russischem Boden - vorzugehen, von denen tagtäglich hunderte Raketen auf die Ukraine abgeschossen werden". Nach Auffassung der FDP-Politikerin soll Deutschland sich Großbritannien anschließen, das bereits Marschflugkörper liefere.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte zuletzt am Donnerstag beim Besuch einer Gebirgsjägerbrigade in Bayern klargestellt, "dass es keine Lieferung geben wird". Die Bedenken dagegen lägen auf der Hand. "Wir sind nicht die Einzigen, die nicht liefern", sagte der SPD-Politiker. "Auch unsere amerikanischen Verbündeten liefern diese Marschflugkörper nicht. Unsere haben eine besondere Reichweite."
Quelle: ntv.de, sba