Seehofer hofft auf Abkommen Innenminister wollen Grenzschutz ausbauen
12.07.2018, 18:52 Uhr
Innenminister Horst Seehofer (r.) inszenierte sich mit seinen Kollegen aus Österreich und Italien, Herbert Kickl (M.) und Matteo Salvini.
(Foto: REUTERS)
Die EU-Innenminister demonstrieren auf ihrem Treffen Einigkeit: Sie wollen die Außengrenzen besser schützen und eine Grenzpolizei aufbauen. Innenminister Seehofer sieht Signale für neue Flüchtlingsabkommen, auch mit Italien. Doch dort ist man skeptisch.
Die Innenminister der EU-Mitgliedstaaten und EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos haben sich auf eine gemeinsame Linie bei der Umsetzung der Beschlüsse des EU-Gipfels zur Flüchtlingspolitik geeinigt. Sie wollen den Schutz der EU-Außengrenzen vorantreiben. Es gebe einen sehr breiten Konsens, darauf den Fokus zu legen, sagte der österreichische Innenminister Herbert Kickl nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Innsbruck.
Die Grenzschutzagentur Frontex solle dazu weiter gestärkt und mit einem notwendigen Mandat ausgestattet werden. Es gebe zudem eine große Übereinstimmung darin, dass es Maßnahmen in Herkunfts- und Transitländern gebe müsse, inklusive eines Grenzschutzes dort. Es müsse hier ein System von Anreizen und Sanktionen geben, damit sich Staaten nicht länger weigerten, eigene Staatsbürger zurückzunehmen.
Auch bei den geplanten "Ausschiffungsplattformen" zur Unterbringung von Flüchtlingen in Nordafrika gibt es laut Kickl viele Gemeinsamkeiten zwischen den EU-Ländern. Die Plattformen müssten so aufgesetzt werden, dass sie mit dem Völkerrecht übereinstimmten und sie für die Beziehungen zu den Drittstaaten hilfreich seien. Weiter solle die Arbeit an einem gemeinsamen europäischen Asylsystem und am Dublinsystem vorangetrieben werden. Hier stecke man allerdings zurzeit in einer Sackgasse.
Migrationskommissar Avramopoulos sagte ebenfalls, mit Partnern außerhalb der EU müsse beim Thema Migration besser zusammengearbeitet werden. Aber auch im Innern müsse es ein funktionierendes System geben. Zum Schutz der Außengrenze werde die EU in Kürze vorschlagen, das Mandat des Grenzschutzes und der Küstenwache zu erweitern. "Wir werden eine europäische Grenzpolizei vorschlagen." Bis zum Jahr 2020 solle der Grenzschutz 10.000 Polizisten umfassen.
Seehofer zufrieden
Obwohl bei dem Treffen in Innsbruck keine konkreten Beschlüsse gefasst wurden, sprach Bundesinnenminister Horst Seehofer im Anschluss von einem neuen "Gemeinschaftsgeist". Er sagte, er unterstütze einen wirksamen und nachhaltigen Schutz der EU-Außengrenzen und Vereinbarungen mit Herkunfts- und Transitländern, die die Mitwirkung dieser Länder garantierten. Zudem gehe es um die Rückführung von Personen, die keinen Schutzstatus in Europa hätten. Die Migrationsfrage sei die "Schicksalsfrage für Europa".
Seehofer stellte mehrere neue Abkommen mit anderen EU-Staaten zur beschleunigten Rücknahme von Flüchtlingen in Aussicht. "Ich habe hier sehr viel Zuspruch bekommen, dass auch andere Länder da dabei sein wollen", sagte der CSU-Chef. Zusagen gebe es aktuell aber nur von 11 Staaten und nicht mehr von 14, wie Kanzlerin Angela Merkel nach dem EU-Gipfel Ende Juni erklärt hatte.
Während des Ministertreffens habe er auch mit der Schweiz über ein mögliches Abkommen geredet. Nun werde den fraglichen Staaten "eine Art Rahmen-Vereinbarung" zugeschickt. Bis spätestens Anfang August strebt Seehofer solche Abkommen auch mit Österreich, Griechenland und Italien an. Er habe "ein Stück Optimismus, dass es uns gelingen kann, die Binnenmigration gemeinsam zu lösen". Italien und Österreich waren nicht unter den 14 Ländern, von denen Merkel Ende Juni Zusagen zur beschleunigten Rückführung von Asylbewerbern erhalten hatte.
"No, grazie"
Am Rande des EU-Ministertreffens kam Seehofer auch zu Gesprächen mit seinen Kollegen aus Österreich und Italien, Herbert Kickl und Matteo Salvini, zusammen. Beide gelten als Hardliner in der Migrationspolitik. Salvini verweigert Schiffen privater Hilfsorganisationen, die im Mittelmeer Flüchtlinge retten, das Einlaufen in italienische Häfen. Kickl forderte zuletzt sogar, innerhalb der EU sollten gar keine Asylanträge mehr gestellt werden können.
Zusammen inszenierte Seehofer mit ihnen einen Schulterschluss, sprach von freundschaftlichem Verhältnis und posierte mit ihnen für die Fotografen. Dabei widersprechen sich ihre Interessen in zentralen Punkten. Seehofer will vor allem, dass Salvini Flüchtlinge von Deutschland zurücknimmt. Salvini, der Chef der fremdenfeindlichen Lega ist, betonte zuletzt mehrfach, dazu nicht bereit zu sein. Bevor Europa seine Außengrenzen nicht schütze, werde Italien keinen einzigen Flüchtling zurücknehmen. Wie er Salvini davon überzeugen wolle, Flüchtlinge zurückzunehmen, ließ Seehofer offen. Falls die Gespräche scheitern und Seehofer im Alleingang Flüchtlinge an der Grenze zu Österreich abweist, wäre die Alpenrepublik direkt betroffen.
"Auf die höfliche Frage vom deutschen Kollegen Seehofer, der mich gefragt hat, aus Deutschland kommende Migranten zurückzunehmen, habe ich genauso höflich gesagt: Nein, danke!", sagte Salvini nach dem Treffen. Er betonte: "Wenn die Abfahrten, Ankünfte und Toten drastisch reduziert werden, wird es keinerlei Problem an den inneren Grenzen der Union geben." Auch Seehofer sagte: "Das alles hat keinen durchschlagenden Erfolg, (...) wenn es nicht gelingt, an der Außengrenze Ordnung zu schaffen."
Quelle: ntv.de, cam/rts/AFP/dpa