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Eine "dreiste Lüge" Israel widerspricht Thunbergs Bericht über harte Haftbedingungen

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Anfang Oktober wurde die Gaza-Flotte vom israelischen Militär abgefangen. Die Aktivisten um Greta Thunberg wurden verhaftet.

Anfang Oktober wurde die Gaza-Flotte vom israelischen Militär abgefangen. Die Aktivisten um Greta Thunberg wurden verhaftet.

(Foto: picture alliance/dpa/Israeli Foreign Ministry)

Greta Thunberg erhebt schwere Vorwürfe gegen Israel. Nach ihrer Festnahme berichtet die Aktivistin von katastrophalen Haftbedingungen. Von Wassermangel bis hin zu Bettwanzen. Israel weist ihre Schilderungen entschieden zurück - aus der Regierung kommen auch abfällige Töne.

Israels Außenministerium hat Vorwürfe, die Schwedin Greta Thunberg und weitere propalästinensische Aktivisten seien in Haft harsch behandelt worden, scharf als "dreiste Lügen" zurückgewiesen. Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sagte dagegen, er sei "stolz, dass wir die 'Flotten-Aktivisten' wie Terrorunterstützer behandeln". In einer Mitteilung Ben-Gvirs hieß es: "Wer Terror unterstützt, ist ein Terrorist und verdient die Bedingungen, die Terroristen zustehen."

Die israelische Marine hatte am Freitag das letzte der insgesamt 42 Boote der "Global Sumud Flotilla" abgefangen. Mehr als 400 Besatzungsmitglieder aus Dutzenden Ländern wurden in Gewahrsam genommen, darunter auch Thunberg. Israel hat bereits damit begonnen, die Aktivisten in ihre Heimat zurückzuschicken.

Die Aktivisten wollten eigenen Angaben zufolge Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen. Israel hatte angeboten, die Hilfslieferungen über Häfen außerhalb des Gazastreifens an Land und von dort aus in das palästinensische Küstengebiet zu bringen. Die Aktivisten lehnten das mit der Begründung ab, Israels Blockade des Gazastreifens sei völkerrechtswidrig. Der Sprecher der Flotte, Thiago Ávila, sagte, die humanitäre Hilfe dürfe nicht der Besatzungsmacht im Gazastreifen überlassen werden. Die Palästinenser im Gazastreifen hätten das Recht, ihre eigenen Grenzen zu kontrollieren.

Greta Thunberg in israelischer Haft

Der "Guardian" hatte berichtet, Thunberg habe im Gespräch mit schwedischen Repräsentanten über ihre harsche Behandlung in israelischer Haft berichtet. Sie habe sowohl zu wenig Wasser als auch zu wenig Essen bekommen. Außerdem habe sie gesagt, dass sie Hautausschläge bekommen habe, die vermutlich von Bettwanzen verursacht worden seien. Sie habe lange Zeit "auf harten Oberflächen" gesessen. Die Zeitung berief sich dabei auf eine E-Mail des schwedischen Außenministeriums an Thunberg nahestehende Personen.

Andere Aktivisten gaben dem Bericht zufolge an, Thunberg sei an den Haaren geschleift und geschlagen worden. Man habe sie auch gezwungen, eine israelische Flagge zu küssen. Ähnliche Vorwürfe wurden auch mit Blick auf weitere propalästinensische Aktivisten geäußert. Einige sollen benötigte Medikamente nicht zur Verfügung gestellt bekommen haben.

Das schwedische Außenministerium erklärte laut der Nachrichtenagentur TT, Vertreter der Behörde hätten sich mit den Festgenommenen getroffen. Vom Ministerium hieß es demnach weiter, dass man in seinen Kontakten mit den israelischen Behörden die Wichtigkeit der Deckung des medizinischen Bedarfs betont habe und "der Bedarf an Nahrungsmitteln und sauberem Wasser sofort gedeckt werden muss", sowie die Möglichkeit zu Treffen mit Rechtsvertretern.

In der Stellungnahme des israelischen Außenministeriums hieß es: "Die Behauptungen über die Misshandlung von Greta Thunberg und anderen Inhaftierten der Hamas-Sumud-Flottille sind dreiste Lügen." Alle Rechte der Inhaftierten seien "vollständig gewahrt" worden. "Interessanterweise haben Greta selbst und andere Inhaftierte sich geweigert, ihre Abschiebung zu beschleunigen, und darauf bestanden, ihren Aufenthalt in Gewahrsam zu verlängern. Greta hat sich außerdem bei den israelischen Behörden über keine dieser absurden und haltlosen Anschuldigungen beschwert - weil sie nie stattgefunden haben." Die widersprüchlichen Aussagen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Polizeiminister: Sollen Haftbedingungen "deutlich spüren"

Dem Auswärtigen Amt zufolge befinden sich auch 14 Deutsche in Israel in Gewahrsam. Diejenigen, die eine freiwillige Abschiebung ablehnten, sollen demnach innerhalb von 96 Stunden einem Richter vorgeführt werden. "Es ist davon auszugehen, dass diese Personen dann auch nach Deutschland abgeschoben werden", verlautete aus dem Auswärtigen Amt.

Madrid erklärte, eine Einigung mit der israelischen Regierung sehe die Rückkehr von 21 Staatsbürgern nach Spanien im Laufe des Tages vor. Weitere 28 Spanier würden weiter in Israel festgehalten. Italiens Außenminister Antonio Tajani sprach von insgesamt 41 Italienern, die in Israel festgehalten würden. Eine erste Gruppe von 26 Italienern sollte Israel am Samstag in Richtung Istanbul verlassen. Unter den festgenommenen Aktivisten befanden sich auch 30 französische Staatsbürger. Die Haftbedingungen der Aktivisten seien "schwierig", sagte die LFI-Europaabgeordnete Manon Aubry dem französischen Radiosender Franceinfo Sunday. Die Zellen seien mit mehr als zehn Leuten besetzt und der Zugang zu Wasser sei erschwert.

Polizeiminister Ben-Gvir sagte, die Aktivisten und Aktivistinnen sollten die Haftbedingungen "deutlich zu spüren bekommen und sich zweimal überlegen, bevor sie sich wieder Israel nähern". Sein Fazit: "Wer geglaubt hat, hierherzukommen und einen roten Teppich und Fanfaren zu bekommen - der irrt sich." Er habe die Schiffe der Gaza-Flotte besucht und dort "keine Hilfe und keine Humanität gesehen", behauptete er. Stattdessen habe er "eine Packung Babynahrung gesehen und ein ganzes Schiff voller Menschen, die sich als Menschenrechtsaktivisten ausgaben, in Wirklichkeit aber gekommen waren, um den Terror zu unterstützen und sich auf unsere Kosten zu amüsieren".

Das Schicksal der in Israel festgehaltenen Aktivisten sowie der anhaltende Krieg im Gazastreifen lösten in mehreren europäischen Großstädten in den vergangenen Tagen Massenproteste aus. In der italienischen Hauptstadt Rom nahmen nach Angaben der Polizei am Samstagnachmittag 250.000 Menschen an den Protesten teil. Die Organisatoren sprachen von einer Million Demonstranten. In der spanischen Hauptstadt Madrid gingen nach Angaben der Polizei fast 92.000 Menschen auf die Straße, in Barcelona waren es rund 70.000. Proteste gab es unter anderem auch in Dublin und Paris. In Rabat in Marokko demonstrierten Zehntausende gegen den Krieg im Gazastreifen. In Sprechchören forderten sie ein Ende der "Massaker" an den Palästinensern.

Quelle: ntv.de, mwa/fzö/dpa/AFP

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