Schweinsgalopp in Wildlederpumps Ivanka Trump lächelt sich durch Berlin
25.04.2017, 21:20 Uhr
Ivanka Trump bewundert eine Siemens-Maschine: "Die Tatsache, dass ich nichts verstehe, werde ich darauf schieben, dass alles auf deutsch ist".
(Foto: REUTERS)
Bei ihrem Berlin-Besuch verkauft sich Ivanka Trump als Sauberfrau mit hehren Zielen: Ebenso wie ihr Vater versteht sie es, aus Politik Show zu machen - und sich dabei selbst zu vermarkten. Doch nicht nur dem Weißen Haus dient sie als Werbefläche.
"This was a good day for Siemens", freut sich Vorstandschef Joe Kaeser. Ein guter Tag für Siemens. Nicht der Börsenkurs versetzt den Manager in Jubelstimmung, auch nicht irgendwelche Quartalszahlen - sondern 20 Minuten mit Ivanka Trump. Amerikas "First Daughter" ist während ihres Blitzbesuchs in Berlin der Einladung Kaesers ins Siemens-Ausbildungszentrum an der Nonnendammallee gefolgt. Etwas verspätet, in einem Jeep der Marke Chrysler - natürlich ein US-Autobauer - und einer Entourage, wie es sie sonst nur bei Staatsmännern zu sehen gibt, fährt die 35-Jährige durchs Werkstor ein. Viel Zeit hat sie nicht mitgebracht. "Im Schweinsgalopp" müssten die Stationen ihres Besuchs abgelaufen werden, mahnt Siemens-Pressesprecher Michael Friedrich. Zeit für Fragen gebe es nicht.
Diesen eher ungemütlichen - weil schwer kontrollierbaren - Teil ihres Besuchs hat die älteste Tochter und enge Beraterin von US-Präsident Donald Trump zuvor bei der W20-Konferenz über sich ergehen lassen müssen. Auf die Frage, wen sie denn nun repräsentiere - ihren Vater als Präsidenten der Vereinigten Staaten, das amerikanische Volk oder ihr Unternehmen, erklärt Trump: "Ganz sicher nicht Letzteres". Sie sei noch nicht sehr vertraut mit ihrer neuen Rolle, so die Präsidententochter. Aber sie wolle "zuhören und lernen". An Zielen fehlt es der dreifachen Mutter zweifellos nicht. Auf ihrem offiziellen Twitter-Account verkauft sie sich als "Anwältin für die Bildung und Förderung von Frauen und Mädchen" - ein Bild, das ihre Kritiker auf die Palme bringt. Im Engagement Trumps sehen sie eher ein Mittel zur Selbstvermarktung.
"This is a beautiful machine!"
Obwohl sich die Geschäftsfrau für ihren Beraterposten im Weißen Haus nicht bezahlen lässt, verfolgt sie dauerhaft der Vorwurf, sie nutze ihre Position für wirtschaftliche Zwecke aus. Die Tatsache, dass sich Ivanka Trumps Mode- und Schmuckkonzern ausgerechnet an jenem Tag drei weitere Markenrechte in China sicherte, als der chinesische Staatschef Xi Jinping im Privatclub des Präsidenten Mar-a-Lago weilte, dient da geradezu als Brandbeschleuniger. Ob Kalkül oder nicht: Die schöne Präsidententochter ist eine wandelnde Werbefläche. Und während Kampagnen wie die Boykott-Bewegung "Grab Your Wallet!" dem Trump'schen Erfolgsmodell den Krieg erklärt haben, wollen andere teilhaben am blonden Vermarktungswunder. Auch Siemens.
Im blauweißen Blumenkleid, mit den farblich passenden Wildlederpumps und perfekt frisiert erfüllt Ivanka Trump im Ausbildungswerk an der Nonnendammallee auch alle Erwartungen an ein kostenloses Testimonial. Freundlich lächelnd hört sie zu, was zwei auszubildende Mechatroniker über ihre technischen Erfolgsprojekte zu berichten haben. Auch lobende Worte fallen. "Excellent!", "Awesome" oder "This is a beautiful machine!" Ein tieferes technisches Verständnis wäre tatsächlich zu viel verlangt - zumal es Trump offiziell vor allem darum geht, das duale Ausbildungssystem in Deutschland auf seine Eignung als Blaupause für die Vereinigten Staaten zu überprüfen. Konzernchef Kaeser zumindest glaubt fest daran, dass sein prominenter Gast den "Spirit" unter den Azubis aus 18 Nationen spüren konnte.
Buh-Rufe trotz Charme-Offensive
Ob sich der medienwirksame Auftritt auch in greifbaren Erfolgen auszahlen wird, darf allerdings bezweifelt werden. Sowohl die deutsche Industrie als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hoffen offenbar, dass Ivanka Trump ihrem Vater ein positiveres Bild von der Bundesrepublik vermitteln wird. Der US-Präsident hatte zuvor mehrfach die deutsche Handelspolitik kritisiert - vor allem den deutschen Exportüberschuss, der nach Ansicht von Trump US-amerikanischen Firmen und Arbeitern schadet. Würde Trump seine Drohung wahr machen und Strafzölle auf deutsche Importe erheben, wäre das - nicht nur für deutsche Autobauer - eine Katastrophe. Warum also nicht auf diejenige Person setzen, deren Urteil im Weißen Haus angeblich weit mehr gilt als schnöde Handelsbilanzen?
Dass das nicht die schlechteste Strategie ist, bewies zudem ein Tweet von Donald Trump vor dem Auftritt von Ivanka in Berlin: Er sei sehr stolz auf seine Tochter und freue sich darauf, sie bei der W20-Konferenz reden zu hören, schrieb er. US-Medienberichte, wonach die "First Daughter" vom Publikum ausgebuht wurde, nachdem sie ihren Vater für dessen Umgang mit Frauen verteidigt und sich gleichzeitig als Feministin bezeichnet hatte, dürften dem Präsidenten aber wohl nicht besonders gefallen haben.
Quelle: ntv.de