Wildschwein-Abschuss gestörtJäger wollen Wolfsschützer aussperren
Von Volker Petersen
In Niedersachsen dürfen Jäger einen "Problemwolf" abschießen. Doch offenbar versuchen so viele Tierschützer die Jagd zu stören, dass auch die wichtige Wildschweinjagd immer schwieriger wird. Die Jäger reagieren nun mit einem umstrittenen Schritt.
Der Wolf ist nicht böse, sagen Tierschützer, doch manch ein Landwirt in Niedersachsen dürfte das anders sehen. Dort streift ein Rüde durch die Wälder um Nienburg, der in den Akten des Landkreises nur "GW717m" genannt wird. GW717m soll rund 40 Nutztiere gerissen haben, darunter auch vor Wölfen geschützte Rinder und Ponys. Die Justiz reagierte und erteilte im Februar eine der seltenen Genehmigungen, ihn abzuschießen. Doch bislang haben die Jäger das Tier noch nicht zur Strecke gebracht. "Der Wolf lebt noch", sagt ein Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums.
Das dürften Tierschützer als Erfolg für sich verbuchen - denn die versuchen die Jagd zu stören, um die Tötung zu verhindern. "Es finden Nachtwanderungen statt, es finden Wanderungen mit Hunden tagsüber statt und so weiter", heißt es vom Ministerium. Die Abschussgenehmigung musste bereits verlängert werden, da der Rodewalder Rüde noch immer seine Kreise durch sein Revier im Kreis Nienburg zieht.
Doch die Störaktionen der Wolfsschützer haben möglicherweise nicht erwartete Folgen: Auch die Jagd auf Wildschweine wird zusehends schwieriger. Die finden aber viele wichtig und auch die Landesregierung will sie, da Keiler und Sauen sich derart vermehrt haben, dass sie vielfach Schäden anrichten. Insbesondere auch die Gefahr einer Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest führte im vergangenen Jahr zu einer Intensivierung der Jagd.
Nachts soll niemand mehr in den Wald
Zwei Jagdgenossenschaften im Territorium des Problemwolfes im Kreis Nienburg haben nun reagiert - mit einem Verbot. Sie untersagen, den Wald in der Nacht zu betreten. Hintergrund seien die Störaktionen von Wolfsschützern, sagt Kreislandwirt Tobias Göckeritz. Die Feld- und Waldbesitzer in Sonnenborstel und Steimbke wollen für die Jagd auf Wildschweine in Vollmondnächten Ruhe im Gelände schaffen. "Die Aktivisten beunruhigen das Wild", so Göckeritz. Dem NDR sagte er, sie ließen Hunde laufen, hörten laut Radio und gäben Lichtzeichen. Das Landwirtschaftsministerium bezweifelte zwar, ob so ein Verbot überhaupt rechtlich bindend ist, der Landkreis Nienburg gab dann aber grünes Licht.
Nun ist die Frage, ob sich die Wolfsschützer von dem nächtlichen Betretungsverbot aufhalten lassen. Seit Wochen tobt im Kreis Nienburg eine Art Kleinkrieg um das Raubtier. Laut NDR haben Tierschützer sogar Jäger fotografiert und die Bilder ins Internet gestellt. Die Aktivisten halten die Abschussgenehmigung für falsch. Der Naturschutzbund Nabu räumte zwar ein, dass es zu einer Häufung von Rissen gekommen sei, das Problem sei aber mangelnder Herdenschutz. Die Landwirte wollen dagegen die Gefahr für ihre Tiere ausschalten, zumal der Wolf seine Jagdmethoden auch seinem Nachwuchs beibringt, wie Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies befürchtet.
Lies ist nicht der einzige Politiker, der sich zu dem Fall äußerte. Der Wolf geistert längst durch Hannover - als politisches Problem. Die oppositionellen Grünen sind gegen den Abschuss, Ministerpräsident Stephan Weil dafür. "Wir brauchen ein vernünftiges Wolfsmanagement, um die Akzeptanz zu erhalten und den Wolf zu schützen", sagte der SPD-Politiker Ende März. Dazu gehöre für ihn, dass man Tiere leichter entnehmen können müsse, wenn der Bestand zu hoch sei oder Wölfe verhaltensauffällig seien.