"Lieber Geld als Menschenleben"Spahn verteidigt Maskenkäufe während Corona-Pandemie

Zulieferer belasten den Bund noch immer mit milliardenschweren Klagen wegen nicht abgenommener Coronaschutzmasken. Eine Enquete-Kommission soll das Vorgehen des Gesundheitsministeriums während der Pandemie untersuchen und Ex-Gesundheitsminister Spahn befragen. Dieser steht nun unter Druck.
Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rechtfertigt sein Vorgehen bei der Beschaffung von Schutzmasken während der Corona-Pandemie. Der heutige Unionsfraktionschef räumte im ARD-"Morgenmagazin" zwar ein, dass man zu viel an Desinfektionsmitteln, Beatmungsgeräten, Impfstoffen und Schutzmasken beschafft habe. "Aber wir wollten in der damaligen Lage eben vorsorgen für alles, was kommen konnte. Wir hatten am Anfang von allem zu wenig und am Ende von allem zu viel - besser als andersherum."
Spahn steht am Nachmittag der Enquete-Kommission des Bundestages zur Aufarbeitung der Maßnahmen in der Pandemie Rede und Antwort. Mit dem Wissen von heute hätte man manche Entscheidungen eventuell anders getroffen, betonte der CDU-Politiker. Er verwies aber darauf, dass damals mit großer Schnelligkeit und unter großem Druck entschieden werden musste. "Auch nicht entscheiden hätte in der Krise ja Folgen gehabt", sagte Spahn.
Menschenleben gehen vor Kosten
Spahn verwies auf die Engpässe bei Masken in der Anfangsphase der Pandemie. Damals seien sogar Masken aus Kliniken gestohlen worden, sie seien auf der ganzen Welt knapp gewesen. In der Bundesregierung sei damals gemeinsam entschieden worden: "Es soll lieber Geld kosten als Menschenleben." Deutschland habe 5,7 Milliarden Schutzmasken für 5,9 Milliarden Euro bezahlt, als gut einen Euro pro Maske. Andere Länder hätten mehr ausgegeben.
Der Ex-Minister verteidigte zugleich, dass Masken vorgehalten und nach Ablaufzeit auch vernichtet werden müssen. "Vorsorge kostet Geld", sagte Spahn. Wenn man für künftige Krisen vorsorgen wolle, dann müsse man auch Schutzmaterial vorhalten, das nach Ablaufzeit vernichtet und ersetzt werden müsse.
Spahn steht unter Druck, weil sich sein Ressort sich 2020 in die Beschaffung eingeschaltet hatte und Lieferverträge ohne Verhandlungen zu festen hohen Preisen einging. Wegen nicht abgenommener Masken klagten Lieferanten gegen den Bund, die den Steuerzahlern noch weitere Milliarden Euro kosten könnten.
Erstmals Einsicht in Gesundheitsministerium
Die Enquete-Kommission wurde nach einem Bericht der Sonderbeauftragten Margaretha Sudhof durch Gesundheitsminister Lauterbach gebildet. Diese hatte den ehemaligen Gesundheitsminister schwer belastet und ihm vorgeworfen, im Alleingang und gegen die Ratschläge seiner Beamten gehandelt zu haben. Dabei soll er durch den Kauf Schäden in Milliardenhöhe angerichtet und auch Unternehmen aus einer Heimat bevorzugt haben. Abgeordnete der Union hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
In der Kommission dürfen einige Abgeordnete nun erstmals in Akten, Gesprächsprotokolle und E-Mails des Gesundheitsministeriums einsehen. Abgeordnete der Grünen fordern zudem einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, welcher mit weitreichenden Rechten noch mehr Akten anfordern könnte. Dass es dazu kommt, gilt als unwahrscheinlich, da es dafür aktuell im Bundestag nicht genug Stimmen gibt.