Nach Reportagen über Proteste Journalistinnen in Belarus verurteilt
18.02.2021, 11:56 Uhr
Veröffentlicht von Belsat TV: Katerina Bachwalowa und Daria Tschulzowa wurden Mitte November festgenommen.
(Foto: Belsat TV)
Auch sechs Monate nach Beginn der Massenproteste in Belarus setzt Lukaschenko den harten Kurs gegen Oppositionelle fort. Landesweite Razzien bei Journalisten und Menschenrechtlern sorgen europaweit für Empörung. Nun werden zwei Journalistinnen zu Haftstrafen verurteilt.
Wegen des Vorwurfs, Proteste gegen den autoritär regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko organisiert zu haben, sind zwei Journalistinnen in Belarus zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Reporterinnen Katerina Bachwalowa und Daria Tschulzowa seien wegen der Anführung von "Gruppen-Aktionen, die in grobem Maße gegen die öffentliche Ordnung verstoßen" schuldig gesprochen worden, teilte ihr Arbeitgeber, der oppositionelle Fernsehsender Belsat, mit.
Die beiden Journalistinnen waren am 15. November festgenommen worden. Bei der Festnahme filmten sie von einem Appartement aus die gewaltsame Auflösung einer Demonstration, die zu Ehren eines Tage zuvor getöteten belarussischen Oppositionellen stattfand. Die Staatsanwaltschaft hatte zum Prozessauftakt laut Belsat erklärt, durch ihre Reportagen hätten die Journalistinnen Verspätungen im öffentlichen Nahverkehr und materielle Schäden verursacht. Die beiden Angeklagten plädierten auf nicht schuldig.
Lukaschenkos offiziell verkündete Wiederwahl im August hatte in der früheren Sowjetrepublik Massenproteste ausgelöst. Die Opposition wirft dem seit 1994 regierenden Staatschef massiven Wahlbetrug vor. Tausende Demonstranten wurden bei den Protesten festgenommen und teilweise in der Haft gefoltert. Viele Oppositionspolitiker flohen ins Ausland. Wegen des brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten verhängte die EU Sanktionen gegen den belarussischen Präsidenten und seine Vertrauten.
Landesweite Razzien
Anfang der Woche hat es landesweite Razzien bei Journalisten und Menschenrechtlern gegeben. Damit solle festgestellt werden, wie die Proteste im Spätsommer und Herbst finanziert worden seien, teilten die staatlichen Ermittler im Nachrichtenkanal Telegram mit. Nach Angaben von Menschenrechtlern gab es 30 Hausdurchsuchungen mit einzelnen Festnahmen in allen größeren Städten des Landes. Betroffen war demnach auch das Menschenrechtszentrum Wesna. Dabei seien Telefone und Geräte beschlagnahmt worden, teilte die Organisation mit. Zwei Mitglieder seien festgenommen worden.
Der Aktivist Valentin Stefanowitsch sagte: "Das ist die Logik der Repression - am Anfang kommen sie zu den Politikern, den Aktivisten und danach zu den Journalisten und Menschenrechtlern." Razzien gab es auch beim belarussischen Journalistenverband. Dessen Vorsitzender Andrej Bastunez sei von Polizisten mitgenommen, später aber wieder freigelassen worden, hieß es.
"Schwarzer Tag für Pressefreiheit"
In Deutschland kritisierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) die belarussischen Behörden. "Die Repressionen gegen die unabhängigen Medien haben aufzuhören, die inhaftierten Journalisten sind sofort freizulassen", forderte Vorsitzender Frank Überall. Bundesregierung und EU-Kommission sollten Maßnahmen ergreifen, um Machthaber Alexander Lukaschenko "zur Räson zu bringen". Die Organisation Reporter ohne Grenzen sprach von einem "schwarzen Tag für die Pressefreiheit".
Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Gyde Jensen von der FDP, warf Lukaschenko einen "Informations-Shutdown" vor. "Er will, dass niemand mehr von den unzählbaren Menschenrechtsverletzungen seines Regimes erfährt." Die autoritäre Führung hatte immer wieder behauptet, dass die Demonstrationen nach der Präsidentenwahl im August aus dem Ausland finanziert worden seien. Wochenlang hatten teils Zehntausende Menschen regelmäßig gegen die als gefälscht angesehenen Wahlen protestiert. Massenhaft wurden Demonstranten festgenommen. Viele beklagten Polizeigewalt. Zuletzt gab es kleinere Proteste in Wohnvierteln.
Quelle: ntv.de, cls/rts/dpa