Maulwurf in Berlin aufgeflogen? Justiz-Mitarbeiterin soll Hildmann gewarnt haben
01.11.2021, 14:05 Uhr
Attila Hildmann vor einem Jahr in Berlin. Inzwischen soll er sich in der Türkei aufhalten.
(Foto: picture alliance / Eventpress Hoensch)
Es laufen Ermittlungen gegen eine frühere Angestellte aus der IT-Abteilung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft. Die 32-Jährige wird verdächtigt, Attila Hildmann Dienstgeheimnisse verraten zu haben.
Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den rechtsradikalen Verschwörungserzähler Attila Hildmann verdächtigt die Berliner Staatsanwaltschaft eine ehemalige Mitarbeiterin, Interna verraten zu haben. "Wir müssen leider von einem Maulwurf in den eigenen Reihen ausgehen", sagte Behördensprecher Martin Steltner. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und der versuchten Strafvereitelung.
Im Verdacht stehe eine frühere Mitarbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft. Sie soll interne Informationen zu einem Haftbefehl an Hildmann weitergegeben haben. Aufgefallen sei die Frau bei einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen. Dort sei sie auffällig geworden und habe sich als Mitarbeiterin der Justiz zu erkennen gegeben. Die Überprüfung des Informationssystems habe ergeben, dass Daten zu Personen aus der rechtsextremistischen und "Querdenker"-Szene abgefragt worden seien. "Wir haben die Person daraufhin fristlos gekündigt im Mai", so Steltner. Im Juli habe es bei der Frau Durchsuchungen gegeben. Daten seien sichergestellt worden.
Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Hildmann wegen Volksverhetzung, Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Ein Haftbefehl gegen Hildmann kann nicht vollstreckt werden, denn er ist in der Türkei. Nach derzeitigen Ermittlungsstand geht die Staatsanwaltschaft nicht davon aus, dass es zwischen den "Durchstechereien" und der Flucht Hildmanns ein Zusammenhang besteht. "Er hat sich bereits Ende Dezember letzten Jahres in die Türkei abgesetzt, die Vorgänge, über die wir sprechen, die fanden im Februar dieses Jahres statt", so Steltner.
Nach Recherchen von ARD und dem "Spiegel" handelt es sich bei der Frau um die 32-jährige M. aus Berlin. Die ehemalige Angestellte aus der IT-Abteilung soll unter anderem auf Unterlagen zum Ermittlungsverfahren gegen Hildmann zugegriffen haben. Neben der Weitergabe von Daten soll die Beschuldigte den in Deutschland gesuchten Hildmann auch Anfang des Jahres in der Türkei besucht haben. Dies behauptet ein ehemaliger Weggefährte von Hildmann, Kai Enderes, im Interview mit dem ARD-Magazin Kontraste und dem Rechercheformat STRG_F. Die Justizmitarbeiterin M. habe auch den Haftbefehl an Hildmann weitergegeben, erzählte Enderes demnach.
Justiz will Konsequenzen ziehen
Die Justiz will den Berichten zufolge nun Konsequenzen aus dem Datenskandal in der Generalstaatsanwaltschaft ziehen. Es soll demnach künftig umfassender erfasst werden, wer wann auf welche Dokumente zugegriffen hat. Außerdem prüft die Strafverfolgungsbehörde, wie Daten in sensiblen Ermittlungsverfahren besser vor unberechtigtem Zugriff geschützt werden können, sagte ein Sprecher der Berliner Justizverwaltung auf Anfrage.
Die ehemalige Justizmitarbeiterin M. wollte den Recherchen zufolge zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Hildmann, der Kontraste und STRG_F nach deren Angaben ein Interview gegeben hat, wollte sich demnach zu den konkreten Vorwürfen nicht äußern.
Gegen Hildmann laufen seit vergangenem Jahr Strafverfahren wegen zahlreicher Taten, darunter Volksverhetzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Hildmann, der die deutsche und türkische Staatsangehörigkeit hat, soll sich derzeit in der Türkei aufhalten. Die Türkei liefert türkische Staatsangehörige nicht aus.
Quelle: ntv.de, hul/AFP/dpa