Keine Verhandlungsbereitschaft Katar will vorerst nicht mehr zwischen Israel und Hamas vermitteln
09.11.2024, 16:38 Uhr Artikel anhören
Ägypten, die USA und Katar bemühen sich seit Monaten, wenigstens eine weitere Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas auszuhandeln. Bewegung gibt es nicht. Katar zweifelt an der Verhandlungsbereitschaft und legt seine Vermittlerrolle auf Eis.
Katar zieht sich vorerst als Vermittler aus den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas über eine Waffenruhe und die Geiselfreilassungen zurück. Die Katarer hätten beide Seiten sowie die USA darüber informiert, "dass sie nicht weiter vermitteln können, solange es eine Weigerung gibt, in gutem Glauben über eine Vereinbarung zu verhandeln", hieß es aus Diplomatenkreisen. Nach palästinensischen Angaben wurden am Samstag bei israelischen Angriffen im Gazastreifen mindestens 14 Menschen getötet.
Das vorübergehende Aussetzen bedeute aber kein Ende der Vermittlerrolle Katars, stellte der Sprecher des Außenministeriums des Emirats, Madschid Al-Ansari später klar. "Katar wird diese Bemühungen mit seinen Partnern fortsetzen, wenn die Parteien den Willen und Ernst dabei zeigen, den brutalen Krieg zu beenden", erklärte er.
Zusammen mit den USA und Ägypten hatte Katar seit einer einzigen Waffenruhe im November vergangenen Jahres in indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas vermittelt. Die damalige Waffenruhe hatte eine Woche gedauert und die Freilassung von mehr als 100 im Gazastreifen festgehaltener Geiseln im Austausch für palästinensische Gefangene in israelischer Haft ermöglicht. Katars Beziehungen zur Hamas reichen bis in die 1990er Jahre zurück. Das Emirat zählt zu den wichtigsten Geldgebern der Organisation, die 2007 die Macht im Gazastreifen übernahm.
Katar gilt als wichtiger Vermittler dank der Beziehungen zur Hamas, die bis in die 1990er Jahre zurückreichen. 2012 eröffnete die Hamas ein politisches Büro in Katar nach den Unruhen der arabischen Aufstände in der Region. Schon vorher war aus Katar viel Geld an die Hamas geflossen, die 2007 die Macht im Gazastreifen übernahm.
Hamas-Vertretung in Doha besteht angeblich doch weiter
Seit 2012 unterhält die Hamas eine politische Repräsentanz in Doha, auch auf Betreiben der USA, die einen Gesprächskanal offenhalten wollten. Nach dem Massaker vom 7. Oktober wurden die Forderungen aber lauter, das Büro zu schließen. Vor dem Hintergrund der Verhandlungsbemühungen hatten die USA und das Emirat erklärt, der Fortbestand des Hamas-Büros in Doha sei sinnvoll, so lange es die Kommunikation erleichtere.
Im April hatte Katar bekannt geben, es werde seine Rolle als Mediator neu bewerten. Die Hamas-Führung verlegte ihr Büro daraufhin kurzzeitig in die Türkei, wie jetzt aus Diplomatenkreisen bekannt wurde. Auf Verlangen Israels und der USA zogen die Islamistenführer demnach nach zwei Wochen wieder nach Doha zurück.
Diplomatenangaben, wonach das Hamas-Büro in Doha mit Katars angeblichem Rückzug aus den Vermittlungen keine "Daseinsberechtigung" mehr habe", wies der Außenamtssprecher nun zurück. "Das Hauptziel des Büros in Katar ist, ein Kommunikationskanal zwischen den betroffenen Parteien zu sein", teilte Al-Ansari mit. Zuvor hatte unter anderem die "Times of Israel" berichtet, dass die USA die Schließung des Büros und die Ausweisung der Hamas-Vertreter verlangt hätten.
Ein Vertreter der Hamas sagte, dass die Palästinenserorganisation nicht zum Verlassen des Golfemirats aufgefordert worden sei. "Wir haben nichts, um zu bestätigen oder zu entkräften, was von einer unbekannten diplomatischen Quelle veröffentlicht wurde, und wir haben keine Aufforderung erhalten, Katar zu verlassen", sagte der Hamas-Vertreter.
Katar sieht keine ernsthaften Friedensbemühungen
Seitdem gab es zahlreiche Verhandlungsrunden, bei denen jedoch kein Ergebnis erzielt wurde. Die Hamas und Israel beschuldigen einander, eine Einigung zu blockieren. Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl vergangenen Dienstag hatten Washington und Doha erneut erfolglos versucht, einen Durchbruch zu erreichen.
Katar sei zu dem Schluss gekommen, dass es bei den Vermittlungsversuchen "immer mehr um Politik und Wahlen, als um ernsthafte Friedensbemühungen geht", hieß es von der diplomatischen Quelle weiter. Das Emirat teilte der US-Regierung, Israel und der Hamas demnach mit, es werde sich nicht für politische Zwecke instrumentalisieren lassen, die zulasten Katars gehen und "die öffentliche Wahrnehmung fehlleiten".
Unterdessen wurden die Kämpfe im Gazastreifen fortgesetzt. Bei israelischen Angriffen wurden nach Angaben des örtlichen Zivilschutzes in der Nacht zu Samstag mindestens 14 Palästinenser getötet. Bei einem Luftangriff auf "Zelte von Vertriebenen" im südlichen Gebiet von Chan Junis seien mindestens neun Menschen, darunter Kinder und Frauen, getötet worden, erklärte der Sprecher der Zivilschutzbehörde im Gazastreifen, Mahmud Bassal.
Weitere fünf Menschen starben demnach, als "israelische Kampfflugzeuge die Fahad-Al-Sabah-Schule" in der Stadt Gaza trafen. Bei beiden Vorfällen wurden laut Bassal zudem zahlreiche weitere Menschen verletzt.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Bei dem Überfall wurden mehr als 1200 Menschen getötet und etwa 250 weitere als Geiseln nach Gaza verschleppt. Daraufhin startete Israel einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen, bei dem nach Hamas-Angaben mehr als 40.000 Menschen ums Leben gekommen sein sollen.
Quelle: ntv.de, ino/als/AFP