Letzter Reaktor runtergefahren Kiew sieht Welt "am Rande einer nuklearen Katastrophe"
06.09.2022, 07:39 Uhr Artikel anhören
Kiew und Moskau machen sich gegenseitig für den wiederholten Beschuss bei Saporischschja verantwortlich.
(Foto: dpa)
An diesem Dienstag will die IAEA einen Bericht über die Lage in Saporischschja vorstellen. Dieser dürfte alles andere als beruhigend sein. Inzwischen ist auch der letzte Reaktor heruntergefahren. Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht das AKW "nur einen Schritt von einer Strahlenkatastrophe entfernt".
Das besetzte AKW Saporischschja steht nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj durch die erneute Unterbrechung der Stromzufuhr zum zweiten Mal "nur einen Schritt von einer Strahlenkatastrophe entfernt". Russischer Beschuss sei dafür verantwortlich, sagte er.
"Der Beschuss des Kraftwerks zeigt, dass sich der terroristische Staat nicht darum kümmert, was die IAEA sagen wird und was die internationale Gemeinschaft entscheiden wird", sagte Selenskyj in Anspielung auf Russland. Das Gelände des Kraftwerks wurde in den vergangenen Monaten regelmäßig beschossen, wobei die Regierungen in Kiew und Moskau sich gegenseitig die Schuld zuschoben.
In dem Kernkraftwerk war wegen des Brandes einer Hochspannungsleitung am Montag der sechste und letzte Reaktor heruntergefahren worden. Dieser produzierte unter anderem Strom für die Kühlung als auch für andere wesentliche Sicherheitsfunktionen der Anlage. Die IAEA teilte unter Berufung auf ukrainische Angaben mit, dass die Ersatzstromverbindung zu einem Heizkraftwerk abgeschaltet worden sei, um den Brand zu löschen.
"Die Welt ist erneut am Rande einer nuklearen Katastrophe", hatte am Montag auch der ukrainische Energieminister German Galuschenko nach Bekanntwerden der Abkopplung des AKW Saporischschja gewarnt. Galuschenko forderte einen Rückzug des russischen Militärs und die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone rund um das Kraftwerk.
Macron fordert Rückzug der russischen Truppen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schloss sich dieser Forderung in einem Telefonat mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj an. Die Sicherheit des AKW könne nur durch "einen Rückzug der russischen Truppen" gewährleistet werden, sagte Macron laut seinem Büro. Es sei "zwingend notwendig", die Sicherheit des AKW zu gewährleisten.
Eine Mission der IAEA unter Leitung ihres Vorsitzenden Rafael Grossi hatte vergangene Woche das AKW Saporischschja besucht. Sechs Inspekteure verblieben danach zunächst dort. Am Montag reisten vier Mitglieder des IAEA-Teams ab, zwei weitere würden allerdings "dauerhaft" dort verbleiben, erklärte der ukrainische Betreiber Energoatom. Saporischschja ist das größte Atomkraftwerk Europas. Die Kämpfe rund um das AKW schüren die Angst vor einer Nuklearkatastrophe wie 1986 in Tschernobyl.
Die IAEA kündigt für diesen Dienstag einen Bericht über die Lage in der Ukraine an. Dabei werde es unter anderem um die atomare Sicherheit gehen, heißt es in einer Erklärung der UN-Behörde.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa