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Hektische Diplomatie-Aktivitäten Kreml will sich offenbar Wagner-Imperium einverleiben

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Ein Plakat der Söldnergruppe wird bei St. Petersburg entfernt. Insgesamt haben laut dem "Wall Street Journal" zuletzt rund 30.000 Menschen für Wagner gearbeitet.

Ein Plakat der Söldnergruppe wird bei St. Petersburg entfernt. Insgesamt haben laut dem "Wall Street Journal" zuletzt rund 30.000 Menschen für Wagner gearbeitet.

(Foto: AP)

Das Wagner-Imperium ist weit verzweigt und offenbar lukrativ. Einem Medienbericht zufolge will der Kreml nun die Geschäfte der Privatarmee in Afrika und im Nahen Osten kontrollieren. Schon kurz nach dem Putsch sollen Kreml-Abgesandte aktiv geworden sein.

Nach dem gescheiterten Putsch der Söldnergruppe Wagner versucht der Kreml offenbar, die volle Kontrolle über das weitverzweigte Militärimperium zu bekommen. Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" soll der russische Vize-Außenminister in dieser Woche nach Damaskus geflogen sein, um dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad mitzuteilen, dass die Wagner-Kämpfer dort nicht mehr unabhängig operierten. Die Wagner-Kämpfer sollten daran gehindert werden, Syrien unerlaubt zu verlassen.

Auch in Mali sind dem Bericht zufolge Kreml-Vertreter persönlich vorstellig geworden. Den Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik sollen hochrangige Beamte des Außenministeriums angerufen und versichert haben, dass die russischen Geschäfte in Afrika durch die Krise nicht beeinträchtigt würden. All diese diplomatischen Aktivitäten spiegeln offenbar den Versuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin wider, Russlands Partnern in Afrika und im Nahen Osten zu versichern: Es geht weiter wie bisher - wenn auch unter neuem Management.

In den vergangenen Jahren hat Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin sein Imperium immer weiter ausgeweitet. Seine Firmen erwirtschafteten offenbar Hunderte Millionen von Dollar pro Jahr allein in Afrika. Zu den Einnahmequellen gehörten Exporte von sudanesischem Gold nach Russland sowie von Diamanten aus der Zentralafrikanischen Republik in die Vereinigten Arabischen Emirate und von Holz nach Pakistan, schreibt das "Wall Street Journal".

Besonders seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine soll die Wagner-Gruppe massiv versucht haben, ihre Rolle außerhalb Europas auszubauen. Neben Aktivitäten in Mali, Syrien und der Zentralafrikanischen Republik hat die Gruppe zuletzt Venezuela und dem Sudan Hilfe bei der Niederschlagung von regierungsfeindlichen Gruppen angeboten. Auch Haiti bot Wagner noch im Februar seine Dienste an. Die etwa 6000 Wagner-Mitarbeiter, die außerhalb Russlands und der Ukraine operieren, sind dabei vielseitig im Einsatz: Sie dienen als Personenschützer, sichern Minen und Ölquellen und verteidigen Gebiete.

"Wagner half Russland, seinen Einfluss auszubauen"

Die Einkommen der Gruppe Wagner waren dabei laut "Wall Street Journal" eine wichtige Finanzierungsquelle, um russischen Einfluss auszuüben und zugleich Operationen in der Ukraine zu finanzieren. "Wagner hat Russland geholfen, seinen Einfluss auszubauen, und die Regierung will ihn nur ungern aufgeben", zitiert das Blatt den ehemaligen US-Sonderbeauftragten für die westafrikanische Sahelzone, J. Peter Pham. Wagner habe der russischen Regierung zugleich die Möglichkeit gegeben, Aktivitäten in der Region zu leugnen.

Der Kreml stritt jahrelang jegliche Verbindungen zu der Söldnertruppe ab. Noch am Dienstag erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow, dass der russische Staat in der Zentralafrikanischen Republik nichts mit dem "Geschäft" der Wagner-Armee zu tun habe. Russland arbeite mit dem Land "auf staatlicher Seite" zusammen. Die Kooperation sei durch Abkommen abgesichert und werde fortgesetzt. Die Wagner-Armee habe dagegen dort ein "unabhängiges Geschäft" betrieben, zu dem der russische Staat keinen Bezug habe. Gleichzeitig aber räumte Putin am selben Tag ein, dass der russische Staat die Wagner-Armee Prigoschins "komplett finanziert" habe.

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Der Sonderbeauftragte Pham ist skeptisch, ob die russische Regierung erfolgreich die Wagner-Geschäfte übernehmen kann. "Die Frage ist, ob sie die Komplexität der Angelegenheit in den Griff bekommen und mit der zusätzlichen Kontrolle umgehen können." Das "Wall Street Journal" zitiert auch einen ehemaligen Wagner-Kommandanten in Syrien, der ebenfalls bezweifelt, dass die Organisation ohne ihren Gründer überleben kann.

Prigoschin, der sich mittlerweile in Belarus aufhalten soll, erklärte wiederholt, dass seine Männer es ablehnen würden, sich dem russischen Verteidigungsministerium anzuschließen. Ob er selbst versuchen will, die Wagner-Auslandsgeschäfte weiterhin zu kontrollieren, sagte er nicht.

Quelle: ntv.de, ghö

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