Rettungsmission im Sudan Letzter deutscher Evakuierungsflug hebt am Abend ab
25.04.2023, 17:37 Uhr Artikel anhören
490 Menschen flog die Bundeswehr bislang aus dem Sudan aus.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Sicherheitslage im Sudan verschlechtert sich zusehends. Knapp 500 Menschen konnte die Bundeswehr mit Evakuierungsflügen aus dem Konfliktland retten. Mit der Mission ist am Abend Schluss. Während internationale Partner die Verantwortung übernehmen sollen, ist in Berlin der Bundestag am Zug.
Die Bundeswehr will ihre Evakuierungsmission im afrikanischen Konfliktland Sudan nach drei Tagen beenden. Bis zum Mittag seien 490 Menschen ausgeflogen worden, unter ihnen 170 Deutsche, teilten das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium mit. Ein letzter Evakuierungsflug nach Sudan soll heute Abend starten. Die Bundesregierung will sich die Möglichkeit offenhalten, die Mission bis Ende Mai fortzuführen: Über ein entsprechendes Mandat soll der Bundestag am Mittwoch abstimmen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius dankten allen zivilen und militärischen Kräften "für ihre großartige Leistung im Rahmen der Evakuierungsmission". Diejenigen Deutschen, die noch im Sudan verblieben seien, sollen in den kommenden Tagen mithilfe von Partnerländern ausgeflogen werden.
Die Bundesregierung will sich am Mittwoch nachträglich die Genehmigung des Bundestags für die Mission erteilen lassen. Wegen der akuten Gefahrensituation war die Bundeswehr-Mission am Sonntag zunächst ohne die eigentlich erforderliche parlamentarische Zustimmung gestartet worden. Bis zu 1600 Soldatinnen und Soldaten sollen sich daran beteiligen können, im Notfall könne diese Zahl auch überschritten werden, heißt es in dem vorgelegten Mandatsantrag der Regierung. Das Mandat umfasse ausdrücklich auch "den Einsatz militärischer Gewalt zur Durchsetzung des Auftrags".
Die "anhaltende Gewalteskalation in weiten Landesteilen sowie in der Hauptstadt Khartum" habe ein Eingreifen der Bundeswehr erforderlich gemacht, schreibt die Bundesregierung in ihrem Antrag. Ziel der Bundeswehr-Mission sei es, "Leib und Leben deutscher Staatsangehöriger und weiterer berechtigter Personen" zu schützen.
"Auf die Truppe können wir gemeinsam stolz sein"
Nach Ministeriumsangaben flogen die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bis Dienstagmittag Menschen aus rund 30 Nationen aus dem Sudan aus - unter ihnen etwa 90 Kanadier, 40 Niederländer und 20 Jordanier. Baerbock sprach von "Mut, Teamwork und unermüdlicher Einsatzbereitschaft von vielen Hundert Beteiligten in Bundeswehr, Bundespolizei und Auswärtigem Amt". Verteidigungsminister Pistorius hob die Leistung der Soldatinnen und Soldaten hervor. "Auf die Truppe können wir gemeinsam stolz sein", sagte er. "Sie hat aus dem Stand funktioniert und alle Anforderungen erfüllt."
Deutschland hatte den Ministerien zufolge am Montag die Führung der multinationalen Flugkoordinierung am Flughafen in der Nähe von Khartum übernommen. Generalinspekteur Carsten Breuer sei nun im Austausch mit Partnerländern, wer die Führung dieser Flugkoordinierung ab Mittwoch übernehmen werde, teilten die Ministerien mit.
Bei der Abstimmung am Mittwoch im Bundestag über das Einsatzmandat ist mit einer deutlichen Mehrheit zu rechnen. Die oppositionelle Union deutete die Bereitschaft zur Zustimmung an, kritisierte allerdings die Informationspolitik der Bundesregierung sowie einige Unklarheiten im Mandatsantrag. Die Union habe "mit einigem Befremden gesehen, dass der Text bereits in den Medien war, bevor wir ihn bekommen haben", sagte Fraktionschef Friedrich Merz. Es gebe aber "grundsätzlich bei uns immer die Bereitschaft, Bundeswehreinsätzen zuzustimmen". CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte einige Klärungen in dem Mandatsantrag. Die bisherige Fassung sei "unzureichend und ungenügend". SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte: "Ich gehe davon aus, dass der größere Teil des Bundestags der nachträglichen Mandatierung zustimmen wird."
Was die aktuelle politische Perspektive für den Sudan angeht, äußert die Bundesregierung in ihrem Mandatsantrag eine pessimistische Einschätzung. "In den letzten Tagen hat sich die Sicherheits- und Bedrohungslage in Sudan dramatisch verschlechtert", heißt es in dem Text. "Der durch die internationale Gemeinschaft unterstützte innersudanesische Einigungsprozess, der die Rückkehr zu einer zivil geführten Übergangsregierung und der Vorbereitung freier Wahlen ermöglichen soll, ist weit zurückgeworfen."
Quelle: ntv.de, fzö/AFP