Nach Erstarken der AfD Linke fordert "Gerechtigkeit für den Osten"
09.07.2023, 14:09 Uhr Artikel anhören
Wollen den Osten wirtschaftlich und demokratisch stärken: Janine Wissler und Martin Schirdewan.
(Foto: picture alliance/dpa)
Im Osten wird die AfD immer stärker - erst ein Landrat, dann stellt die Partei ihren ersten Bürgermeister. Die Gründe dafür sieht die Linke auch in einer "Vernachlässigung des Ostens" begründet - und fordert konkrete Maßnahmen.
Eine "systematische Vernachlässigung des Ostens" nennt die Linke die bestehenden Ungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschland. Auch der Aufschwung der AfD sei darin begründet. Der Parteivorstand, dem Janine Wissler und Martin Schirdewan vorstehen, fasste am Wochenende einen Beschluss mit dem Titel "Gerechtigkeit für den Osten - Strukturwandel aktiv gestalten". Darin werden zahlreiche Maßnahmen gefordert, etwa eine "Lohnoffensive Ost" durch mehr Tarifbindung und flächendeckende Tarifverträge. Die Löhne müssten bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2025 vollständig an das Westniveau angeglichen werden.
"Die systematische Vernachlässigung des Ostens hat fatale Folgen", heißt es in dem Vorstandsbeschluss. "Hier sind nicht nur die Umfragewerte der extremen Rechten am stärksten." 33 Jahre nach der Wende machten viele Menschen in Ostdeutschland immer noch die Erfahrung, abgehängt zu sein.
Ostdeutschland sei mit hohen Quoten des Niedriglohns und ungleichen Chancen verbunden, das Leben dort sei gekennzeichnet durch "weniger Rente, weniger Lohn, weniger Wirtschaftsleistung, weniger Vermögen, weniger Erben, weniger Urlaubsgeld, weniger Internet". Im Osten gebe es zudem "weniger Optimismus beim Blick in die Zukunft, weniger das Gefühl, das eigene Leben bestimmen zu können, weniger Wertschätzung und Anerkennung".
"Irreparable Schäden für die Demokratie"
Trotz einiger wirtschaftlich starker Zentren sei Ostdeutschland "immer noch die größte zusammenhängende strukturschwache Region", so die Linke. Dafür seien die Strompreise teurer: Für einen Musterhaushalt in der Grundversorgung liege der Preis 15 Prozent über dem in Westdeutschland.
Auch mit Blick auf die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im kommenden Herbst müsse klar sein: "Es darf jetzt kein 'Weiter so' geben, sonst drohen auch irreparable Schäden für die Demokratie."
Die Linke forderte neben einer "Lohnoffensive Ost" die Anhebung des Mindestlohns auf 14 Euro sowie "bis zum Ende der Preiskrise ein einkommensabhängiges Inflationsgeld für alle Menschen mit unteren und mittleren Einkommen in Höhe von 125 Euro pro Haushalt und Monat". Für jedes weitere Haushaltsmitglied solle es 50 Euro zusätzlich geben.
"Verlängerte Werkbank" des Westens
Die ostdeutsche Wirtschaft habe "häufig immer noch eine untergeordnete Funktion in der Wertschöpfungskette" und sei "eine Art verlängerte Werkbank" des Westens. Es gehe nicht nur darum, "Gelder und Steuervorteile" an große Unternehmen zu verteilen. Die Linke wolle "eine regional verankerte Wirtschaft, die sich an den Bedürfnissen der Menschen in den jeweiligen Regionen ausrichtet".
Kommunalen Haushalte müssten von den Sozialleistungen entlastet werden. Die Linke fordert zudem einen "Solidarpakt III" mit einem Volumen von "mindestens zehn Milliarden Euro jährlich aus Bundesmitteln" für strukturschwache Regionen in ganz Deutschland.
Quelle: ntv.de, can/AFP