Gericht erlässt Haftbefehl Lula soll sich schon Freitag der Polizei stellen
06.04.2018, 00:44 Uhr
Das Gericht räumte Lula die Möglichkeit ein, sich freiwillig zu stellen.
(Foto: picture alliance / Paulo Lopes/Z)
Am Morgen erst lehnt der Oberste Gerichtshof Brasiliens einen Haftaufschub für Ex-Präsident Lula ab, nun bleiben dem 72-Jährigen nur noch wenige Stunden in Freiheit. Dabei galt er noch am Vortag als aussichtsreichster Kandidat bei der Präsidentschaftswahl im Oktober.
Ein brasilianischer Richter hat Haftbefehl gegen den ehemaligen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva erlassen. Lula müsse sich bis Freitag (17.00 Uhr Ortszeit/22 Uhr MESZ) bei der Polizei in der südbrasilianischen Stadt Curitiba melden und seine zwölfjährige Haftstrafe antreten, ordnete ein Bundesrichter am Donnerstag an. "Aufgrund der Funktion, die er inne hatte", habe der 72-Jährige die Möglichkeit, sich freiwillig der Polizei zu stellen, erklärte Richter Sérgio Moro. Das Oberste Gericht des Landes hatte zuvor einen Antrag Lulas abgelehnt, mit dem er einen Aufschub der Haftstrafe erwirken wollte.
Der linksgerichtete Ex-Präsident weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück und wertet das Verfahren als Versuch, seine diesjährige Präsidentschaftskandidatur zu verhindern. Lula, der Brasilien von 2003 bis 2010 regierte, galt mit 47 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung als aussichtsreichster Kandidat für den Urnengang im Oktober. Beobachter waren deshalb davon ausgegangen, dass Lula bei der anstehenden Präsidentenwahl wieder kandidieren werde.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Lula war im vergangenen Jahr wegen Verwicklung in einen weitverzweigten Korruptionsskandal und Geldwäsche verurteilt worden. Demnach ließ sich Lula während seiner Präsidentschaft von der größten brasilianischen Baufirma OAS eine Luxuswohnung in der Küstenstadt Guarujá im Bundesstaat São Paulo schenken sowie eine große Geldsumme in bar. Der Baukonzern soll im Gegenzug bei Verträgen mit dem staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobras begünstigt worden sein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zudem laufen gegen den 72-Jährigen noch sechs weitere Korruptionsverfahren.
Die Petrobras-Affäre erschüttert die brasilianische Politik seit Jahren. Zahlreiche Geschäftsleute und Politiker verschiedener Parteien sind darin verwickelt. Petrobras soll zu überteuerten Bedingungen Aufträge an Baukonzerne und andere Firmen vergeben haben. Diese zahlten wiederum Bestechungsgelder an Politiker und Parteien. Auch gegen den amtierenden Präsidenten Michel Temer von der rechtskonservativen Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) werden Korruptionsvorwürfe erhoben. Mehrere Minister seiner Regierung mussten bereits zurücktreten.
Quelle: ntv.de, lou/rts/AFP