Corona-Zeit vor Gericht Masken-Lieferanten verklagen Bund auf Milliarden-Zahlungen
21.06.2024, 20:53 Uhr Artikel anhören
1,7 Milliarden Schutzmasken wurden in Deutschland verteilt - weniger als ein Drittel der insgesamt angeschafften Menge.
(Foto: picture alliance/dpa)
Um Tempo zu machen, verzichtet der Bund Anfang 2020 bei der Beschaffung von Corona-Masken auf Ausschreibungen und kauft zum Festpreis. Doch vielfach zahlt das Gesundheitsministerium nicht - und macht unter anderem Qualitätsmängel geltend. Die Lieferanten klagen.
Dem Bund drohen Milliardenrisiken aus noch schwelenden Streitfällen um die Lieferung von Schutzmasken zu Sonderkonditionen in der Corona-Pandemie. Aktuell sind dazu in etwa 100 Fällen Klagen mit einem Streitwert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro erhoben, wie aus einer Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine FDP-Anfrage des hervorgeht. Zwar sei der Ausgang der Klagen abzuwarten, doch werde schon deutlich: "Die Folgen der massiven Überbeschaffung unter dem damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn werden immer verheerender", sagte FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein der "Welt am Sonntag".
Der Bund hatte in der Frühphase der Corona-Krise 2020 dringend benötigte, aber sehr knappe Masken für das Gesundheitswesen beschafft. Um schneller zu sein, wandte das Ministerium ein besonderes Verfahren an. Dabei werden Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen zu festen Kaufpreisen abgeschlossen. Später verweigerte das Ministerium vielfach die Bezahlung und machte unter anderem Qualitätsmängel geltend. Daraufhin reichten Lieferanten und Händler Klagen ein.
"Bisher wurden rund 80 Streitfälle durch Vergleiche beendet", heißt es in der Ministeriumsantwort. Acht Verfahren mit einem Gesamtstreitwert von rund 50 Millionen Euro habe der Bund rechtskräftig gewonnen, zwei Verfahren mit 230.000 Euro Streitwert rechtskräftig verloren.
Insgesamt seien vom Bund bei dem besonderen Einkaufsverfahren rund 1,4 Milliarden Euro gezahlt worden. Zu den noch laufenden Verfahren erläuterte das Ministerium, sofern "derzeit mit einer Inanspruchnahme infolge eines Urteils" gerechnet werden müsse, wäre dies durch Ausgabenreste im Haushalt gedeckt.
Ressortchef Karl Lauterbach hatte kürzlich bereits eine Aufarbeitung der Maskenbeschaffungen in der Corona-Zeit zugesichert. Anlass war auch Kritik des Bundesrechnungshofs am Vorgehen des Ministeriums unter Lauterbachs Vorgänger Spahn. Die Behörde monierte, es seien 2020 allein 5,7 Milliarden Schutzmasken angeschafft worden, von denen aber nur 2 Milliarden verteilt worden seien - davon 1,7 Milliarden in Deutschland.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa