Politik

Scharfe Kritik aus der CDU-Basis Merkel mit schwachem Ergebnis wiedergewählt

Ihre Rede reißt viele Delegierten mit, es gibt minutenlangen Applaus. In der folgenden Aussprache gibt es aber auch scharfe Kritik an CDU-Chefin Merkel. Das schlägt sich auch in ihrem Wahlergebnis nieder: Es ist das zweitniedrigste überhaupt.

Kanzlerin Angela Merkel hat bei ihrer Wiederwahl zur CDU-Vorsitzenden einen Dämpfer hinnehmen müssen. Beim Bundesparteitag in Essen stimmten 89,5 Prozent der Delegierten für sie, teilte die CDU mit. Merkel bekam 845 Ja-Stimmen, 99 Delegierte votierten mit Nein. Das ist ihr schlechtestes Ergebnis als CDU-Vorsitzende während ihrer Kanzlerschaft und ihr zweitschlechtestes Resultat überhaupt - 2004 kam sie auf 88,4 Prozent. Ihr bisher bestes Resultat erzielte sie 2012 mit 97,9 Prozent.

(Foto: Datawrapper/cwo)

Merkel sagte nach der Wahl: "Liebe Delegierte, ich nehme die Wahl an und freue mich über das Ergebnis. Herzlichen Dank für das Vertrauen." Die CDU wertet anders als andere Parteien die Enthaltungen bei der Abstimmung als ungültig. So fallen die Ergebnisse meistens etwas besser aus. Bezieht man die Enthaltungen mit ein, kommt Merkel diesmal auf 89,1 Prozent. Sie wurde zum neunten Mal zur CDU-Vorsitzenden gewählt.

Auch Merkels fünf Stellvertreter wurden wiedergewählt. Das beste Ergebnis bekam erneut die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner mit 86,2 Prozent. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier erhielt nach Parteiangaben 85,4 Prozent, NRW-CDU-Chef Armin Laschet 81,9 Prozent. Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl kam auf 73,9 Prozent, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf 72,4 Prozent.

"Die Bundestagswahl wird schwierig"

Das Ergebnis ist vergleichsweise mager für die Kanzlerin vor dem Wahljahr 2017 - es dürfte eine Quittung für ihre Flüchtlingspolitik und mehrere verlorene Landtagswahlen sein. Merkel steht seit fast 17 Jahren an der Spitze ihrer Partei und will sie zum vierten Mal als Kanzlerkandidatin in den Bundestagswahlkampf führen. Zuvor hatte die CDU-Vorsitzende ihre Partei auf einen harten Bundestagswahlkampf eingestimmt. "Ihr müsst mir helfen", sagte die 62-Jährige zu den rund 1000 Delegierten. "Die Bundestagswahl wird schwierig wie keine Wahl zuvor, zumindest seit der Einheit. Sie wird wahrlich kein Zuckerschlecken."

In ihrer 77-minütigen Rede wurde Merkel erst in der letzten Viertelstunde kämpferisch und persönlich. Ihre Entscheidung, nochmals als Kanzlerkandidatin anzutreten, sei alles andere als trivial gewesen - "weder für das Land, noch für die Partei, noch für die Person", sagte die Parteivorsitzende. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer lobte am Rande des Parteitags, das Treffen in Essen sei eine "gute Startrampe" für den gemeinsamen Bundestagswahlkampf. Merkel habe eine gute Rede mit "sehr viel Selbstkritik" gehalten. "Wir brauchen jetzt einen Kampfmodus."

"Rechts verlieren wir viele Wähler"

In der Aussprache nach Merkels Rede gab es jedoch teilweise heftige Kritik an der Vorsitzenden. Sie habe die CDU zu weit nach links gerückt und mit ihrer Flüchtlingspolitik die Alternative für Deutschland (AfD) erst möglich gemacht, erklärten mehrere Redner. Der ehemalige hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner, der immer wieder auf das konservative Profil der CDU pocht, sagte: "Ich halte viel davon, dass wir nüchtern die Realität betrachten und uns fragen, wo wir besser werden müssen."

Ein Delegierter aus Baden- Württemberg griff Merkel frontal an. "Sie haben im Kielwasser des Zeitgeists die CDU nach links geführt", sagte Eugen Abler. "Links gewinnen wir wenige Wähler, rechts verlieren wir viele." Es sei falsch, die rechtspopulistische Alternative für Deutschland zu ignorieren. Viele Konservative seien "heimatlos" geworden. Merkels Flüchtlingspolitik sei grundfalsch gewesen.

Scharfe Kritik kam auch aus der SPD und der Opposition. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sagte, Merkel habe abermals gezeigt, "dass sie keinen Plan hat, wohin sie unser Land führen möchte". Sie kritisierte: "Nach zwölf Jahren im Amt ist aber keine Kreativität oder gar noch ein Aufbruch zu erwarten." Die Grünen warfen der CDU vor, keinen Kompass für eine sinnvolle Integrationsdebatte zu haben. Die Linksfraktion hielt der CDU vor, sie wetteifere mit "AfD, Pegida & Co.".

Es war Merkels erste Wahl bei einem Parteitag seit der Flüchtlingskrise 2015 und ihren umstrittenen Entscheidungen bei der Aufnahme von fast einer Million Menschen. Inzwischen hat die CDU ihre Asylpolitik massiv verschärft und will auf diesem Kurs bleiben. "Eine Situation wie die des Spätsommers 2015 kann, soll und darf sich nicht wiederholen. Das war und ist unser und mein politisches Ziel", sagte Merkel. Am Mittwoch sollen die Delegierten zudem auf Vorschlag der Parteispitze beschließen, dass Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam noch strenger geregelt und Verstöße gegen Vorschriften bei der Aufnahme oder gegen Integrationsmaßnahmen schärfer geahndet werden.

Quelle: ntv.de

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